Als Voluntärin im Kambaku Wildlife Reserve in Namibia

I never knew of a morning in Africa when I woke up and was not happy.”

Ernest Hemingway

Denke ich zurück an meine 3-monatige Zeit als Voluntär im Kambaku Wildlife Reserve, erinnere ich mich an die Intensivität des Lebens im Busch. An den galoppierenden Hufschlag der Pferde im roten Sand der Savanne, an das Wiehern der Zebras, das Grunzen der Gnus, das Kichern der Hyänen und all die anderen Laute der afrikanischen Tierwelt, die mir mit der Zeit so vertraut wurden. Ich erinnere mich an die Abende am Lagerfeuer mit meinen Kollegen (Braii Abende, wie die Namibianer sagen), an denen wir frisches Wildfleisch über den knisternden Flammen brieten und gemeinsam den nächtlichen Lauten des Buschs lauschten, während sich über uns die Milchstraße wie ein Zelt ausbreitete. Ich erinnere mich auch an die Naturgewalten – sinnflutigartige Gewitter in der Regenzeit, an Begegnungen mit Giftschlagen, Riesenspinnen und Skorpionen. Ich erinnere mich an die Momente der Einsamkeit, wenn Fernbeziehung, das Alleinsein in einem fremden Land am anderen Ende der Welt und die Isolation fernab von jeder Stadt mir einfach zu viel wurden. Doch denke ich jetzt an meine Zeit auf Kambaku und in Afrika allgemein zurück, dann erinnere ich mich an keinen einzigen Morgen, an dem ich aufwachte und nicht glücklich war.

Vom Bayerischen Hörsaal nach Afrika

In meinem Masterstudiengang Tourismus und Nachhaltige Regionalentwicklung ist ein Pflichtpraktikum von mindestens 4 Wochen im Lehrplan vorgesehen. Nun ist es bereits in der deutschen Tourismusbranche schwierig, eine Praktikumsstelle mit einer Laufzeit von unter 8 Wochen zu finden. In Afrika, und genau da wollte ich hin, ist dies quasi unmöglich. Außer du hast das nötige Kleingeld in der Hand, für einen Volunteering-Aufenthalt teuer zu zahlen – aber dazu später mehr.

Bilder wie diese waren es, wegen derer ich unbedingt als Reitsafariguide nach Afrika wollte.

Schon lange bevor Instagram, Tik Tok & Co mich mit Reels, Fotos und Videos von Reitsafaris in einigen von Afrikas schönsten Destinationen, dem Okavango Delta in Botswana, der Masai Mara in Kenia oder dem Krüger Nationalpark in Südafrika, regelrecht überschwemmten, war es mein Traum, eine Zeit lang als Reitguide in Afrika zu arbeiten. Etwa anderthalb Jahre vorher, genau genommen befand ich mich da gerade im Auslandssemester in der Slowakei, begann ich Bewerbungen an verschiedene Reitlodges, Ställe und Ranches im süd-östlichen Afrika zu schicken. Wie sich herauskristallisierte schien Namibia das Land, in dem ich am ehesten eine Stelle finden würde – als Studentin konnte ich relativ einfach ein Visa für mehrere Monate erhalten, die meisten Tourismusbetriebe sind sowieso Deutsch geführt (das zeigt sich auch in der hohen Anzahl deutsch-sprachiger Touristen) und die Reitsafaribranche ist besser ausgebaut, als in den meisten anderen afrikanischen Ländern.

Volunteering vs. Voluntourism

Fragt man den Duden, bezeichnet Volunteering „Freiwilligenarbeit (in einem gemeinnützigen Projekt, bei Sportveranstaltungen o. Ä.)“, während Voluntourism „Verbindung aus Freiwilligendienst und Urlaub“ ist. Mein Aufenthalt in Namibia zählt daher wohl eher zur zweiten Kategorie. Afrika bietet inzwischen zahlreiche Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren. Über Workaway, Wwofing oder GoVolunteer findest du Stellen in Tierheimen, in Schulen, auf Farmen, in Hostels oder Sporteinrichtungen. Das Konzept: 4-5 Stunden Arbeit/ Tag gegen freie Kost & Logie. Bei manchen ehrenamtlichen Projekten zahlst du zusätzlich einen kleinen Beitrag für deine Verpflegung.

Mehr als nur Ponyhof: Auf Kambaku zählt die Gästebetreuung und Versorgung der Pferde zu den Hauptaufgaben der Voluntäre.

Wer sich jedoch über die Möglichkeit als Voluntär im Reitsafaritourismus zu arbeiten informiert, stößt schnell auf kostenpflichtige Angebote. Africanhorsesafaris bietet etwa die Möglichkeit, für 3.890€ 2 Wochen in einem kenianischen Safarigebiet als Voluntär zu arbeiten. Mit Wild Inside Adventures kannst du in einem südafrikanischen Safarigebiet für 1.820 reiten (alles unter dem Begriff Volunteering) und Zambian Horseback Safaris verkauft ihr Equestrian Working Holiday schon ab 130$/ Tag. Ich könnte noch ewig so weitermachen – Ant African Safaris, Bagatelle Lodge, Bambelela Horse Safaris, African Dream Horse Safaris oder Hwange Horseback Safaris sind nur einige der vielen Reitsafarianbieter, die kostenpflichtige Volunteer-Programme anbieten. Damit generieren die Unternehmen nicht nur ein doppeltes Einkommen, sowohl der Gast, als auch der Voluntär zahlen ja für ihren Aufenthalt, als auch eine günstige Arbeitskraft, die sie nicht einmal bezahlen müssen. Ich finde es kommt immer auf den Mehrwert an, welchen die Voluntäre erhalten – gibt es hochwertige Mahlzeiten und eine schöne Unterkunft, Reitunterricht, geführte Ausritte, auf denen auch genügend Zeit für Fotos und Videos der Voluntäre bleibt, und vielleicht sogar Ausflüge durchs Land? Dann geht eine Bezahlung für den Aufenthalt sicher in Ordnung. Wenn dann aber vielleicht auch nicht unter dem Begriff Volunteering.

Planung: Umso früher, desto besser

Mir war von Anfang an klar, dass ich keine Reitferien, die lediglich als Volunteering deklariert werden, machen wollte, sondern – nach all meinen Erfahrungen als Reitguide in verschiedenen Ländern und als Trainer C in Deutschland – eine richtige Stelle suchen wollte. Allein schon des Geldes wegen. Daher fielen sämtliche Organisationen raus. Ich bewarb mich bei den Lodges direkt (bei Kambaku über die Webseite) und hatte auch kurze Zeit später die ersten Online-Vorstellungsgespräche. Wie sich herausstellte war ich dabei gar nicht so früh dran, sondern eine Vorlaufzeit von ein bis eineinhalb Jahren ist in Afrika völlig normal. Plane also so früh wie möglich!

Im Laufe des Bewerbungsprozesses entschied ich, das halbe Jahr, das ich in Afrika verbringen wollte, in 2 jeweils 3 Monate lange Volunteer-Aufenthalte auf verschiedenen Betrieben zu teilen. Die ersten 3 Monate verbrachte ich auf Kambaku, die letzten 3 auf der Düsternbrook Gästefarm und reiste anschließend noch 4 Wochen mit meiner Mutter quer durch Namibia.

Als Student ins Auslandspraktikum: Organisation & Ablauf

Nicht nur bei der Bewerbung solltest du möglichst früh dran sein, auch bei allen anderen Planungsschritten. Ob ein Auslandspraktikum dir bei deiner Uni auch wirklich angerechnet wird, weißt du leider mit absoluter Sicherheit immer erst hinterher, wenn du den Antrag auf Anrechnung deiner Leistungen stellst. Dennoch ist es sinnvoll, einen solchen Aufenthalt mit dem Prüfungsamt bzw. deinem Studiengangkoordinator vorab abzusprechen. Das International Office deiner Uni kann dir auch Tipps zur Finanzierung geben. Für meinen Aufenthalt in Namibia erhielt ich nämlich die ERASMUS-Förderung, die man im Gegensatz zum Auslandsbafög auch nicht zurückzahlen muss. Der Antrag ist aufwendig und wie beim BAFÖG musst du gefühlt 100.000 Nachweise erbringen, aber es lohnt sich! 70% der Förderung erhältst du vor Antritt des Auslandsaufenthalts, 30% im Anschluss an diesen.

Ausflug in den Etosha-Nationalpark – das war als Voluntär auf Kambaku 2 Mal möglich für mich und zwar völlig kostenfrei.

Nicht zu unterschätzen waren die Kosten, die bereits vor Praktikumsbeginn auf mich zukamen. Für die Flüge zahlte ich knapp 1.500€ – und das auch nur, weil ich so früh dran war. Vergleiche am besten ein gutes Dreiviertel Jahr vorher Preise auf Skyscanner und Google Flights, wobei von Windhoek nach Deutschland sowieso nur die Discovery Airline fliegt. Ich bezahlte für die Kombiversicherung aus Auslandskrankenschutz, Haftpflicht- und Unfallversicherung des DAAD 280€ für 7 Monate, was dank des speziellen Studententarifs wirklich preiswert ist. Auch für Impfungen musst du in der Regel in Vorkasse gehen, wobei du dir die Kosten oftmals im Nachhinein bei deiner Krankenversicherung (zumindestens anteilig) zurückholen kannst – bei der TK geht das. Mehr zum Thema Impfungen kannst du im Artikel Gesundheit auf Reisen: Impfungen, Voruntersuchungen & Co nachlesen. Die Kosten für die Short Work Employment Permit (Work Visa) von 75€ erstatte Kambaku mir nach meiner Anreise zurück, das Visa musste ich im Vorhinein allerdings alleine über Mhaiss beantragen.

Damit standen mir während der Zeit auf Kambaku monatlich folgende Gelder zur Verfügung:

  • Einmalig ca. 2.000€ ERASMUS-Förderung vor Antritt der Reise und noch einmal 600 Euro danach
  • Monatlich 520€ Auslandsbafög
  • 1.600 Namibische Dollar (ca. 80€) Gehalt von Kambaku. Außerdem wurde mir für die Arbeit eine Uniform gestellt, die ich in der Wäscherei kostenlos waschen lassen konnte
  • Trinkgelder der Gäste

Wie bei jedem längeren Auslandsaufenthalt versuchte ich auch diesmal meine monatlichen Kosten daheim so gering wie möglich zu halten. Dennoch fielen im Monat weiterhin an:

  • 154€ Studentische Krankenversicherung
  • 25€ Streamingdienste (könnte man natürlich auch drauf verzichten)
  • 100€ die ich eigentlich für KFZ-Versicherung & Autosteuer beiseite lege
  • 8€ Spenden

Vor Ort kamen dann noch Kosten für den Wäscheservice, die Aufladung meiner namibischen SIM-Karte und Reisen/ Ausflüge auf mich zu. Außerdem erhielten wir Guides Halb-Pension auf Kambaku – d. h. Unterkunft, Frühstück, Mittagessen und 1-2 Mal/ Woche ein begleitetes Gästedinner waren frei. Diese Dinner waren aufgrund des hochwertigen Essens, des Anlasses, endlich einmal die grüne Uniform gegen ein schickes Abendoutfit zu tauschen, und der kostenlosen Getränke immer mein Highlight. An den sonstigen Abenden mussten wir uns selbst versorgen – das war aber auch völlig okay. Jeden Abend Gästedinner zu begleiten kann auch sehr anstrengend sein, wie ich später noch auf Düsternbrook spüren sollte. Wir konnten in einem kleinen Mitarbeitershop auf der Lodge einkaufen oder dem Fahrer, der einmal die Woche Besorgungen für die Lodge in Otjiwarongo unternahm, eine kleine Einkaufsliste mitgeben. Ansonsten lebte ich auf Kambaku völlig kostenfrei. Falls ERASMUS und Auslandsbafög für dich keine Optionen sind, z. B. weil deine Eltern zu viel verdienen oder du in eine Region willst, die von ERASMUS nicht gefördert wird (z. B. Großbritannien oder die Schweiz), habe ich im Artikel Während des Studiums ins Ausland: ERASMUS, Praktika & Auslandssemester weitere Finanzierungsmöglichkeiten und Tipps für dich zusammengefasst.

Mein Leben & Arbeitsalltag auf Kambaku

Goeie dag, Kambaku

Das Kambaku Wildlife Reserve liegt in Zentral-Namibia, nahe der Stadt Otjiwarongo. Auf über 8.000 Hektar erstreckt sich die Dornstrauchsavanne, in der neben zahlreichen Antilopenarten auch Zebras, Giraffen, Warzenschweine, Vogelsträuße, Stachelschweine und Raubtiere wie Leoparden, Schakale und gelegentlich auch Geparden leben. Über 200 verschiedene Vogelarten wurden im Kambaku Reservat bereits gezählt. Gegründet wurde der Lodgebetrieb Anfang der 2000er, als die Familie Michels nach einer Namibia-Reise die ehemalige Rinderfarm Okaruiputa kaufte. Nach aufwendigen Umbauarbeiten konnten Ostern 2001 die ersten Gäste empfangen – die Gästelodge war geboren. Das Besondere an Kambaku? Der persönliche und individuelle Gästekontakt. In den insgesamt 10 Zimmern und 3 Glamping Zelten können bis zu 26 Gäste unterkommen. Abseits der Lodge, tief im Reservat, befinden sich das Bush Camp, das Safari Camp und das außerhalb gelegene Hunting Camp, speziell für die Jagdgäste.

Momente wie diese sind es, die dazuführen, dass 60% der Gäste auf Kambaku „Returner Guests“ sind – Zebras und Elanantilopen im Abendlicht.

Obwohl ich als Reitguide auf Kambaku angestellt war, durfte ich immer wieder auch an anderen Aktivitäten der Lodge teilnehmen. Sei es als Beifahrer im Safari- oder Jagdauto, bei Bush Walks zu Fuß oder mit dem Fahrrad durch die Savanne, bei Tagesausflügen mit Gästen in den 225-km entfernten Etosha-Nationalpark oder als Host bei den Abendessen mit Gästen. Weiterhin bietet Kambaku auch Spa-Behandlungen an. Rund 80 Mitarbeiter waren zu meiner Zeit auf der Lodge beschäftigt, von denen einige an den internen Ausbildungsprogrammen zum FGASA-Nature Guide, Hotellier oder Jagdguide teilnehmen. Das Stallteam, mit dem ich den Großteil meiner Arbeitszeit verbrachte, bestand aus 2 Pferdepflegern, 3 festangestellten Reitguides und zur Verstärkung dazu immer einem Voluntär. Tierarzt, Pferdephysio, Sattler und Pferdezahnarzt reisten von außerhalb, meist aus der Hauptstadt Windhoek, an.

Arbeitsalltag in der namibischen Savanne

Oft werde ich gefragt, welche Vorerfahrungen man für einen Aufenthalt auf einer Reitsafarilodge benötigt, wie gut man Englisch sprechen und Reiten können muss und wie meine Tage im namibischen Buschland aussahen. Um überhaupt ein Arbeitsvisa zu erhalten, musst du bestimmte Qualifikationen nachweisen – der Trainerschein ist optimal, Reitabzeichen reichen anscheinend jedoch auch aus. Als einstige Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ ist Namibia bis heute Deutsch geprägt – deutsche Straßenschilder, deutsche Schulen, deutsche Kultur und viele deutsche Gäste. Selten musste ich mit Gästen überhaupt Englisch sprechen, mit meinen Kollegen hingegen schon. Ordentliches Schulenglisch genügt aber.

Es ist erstaunlich, aber selbst am anderen Ende der Welt, tief in Afrika, stellt sich nach einiger Zeit so etwas wie Alltag ein. Meine ersten 2 Wochen auf Kambaku hatte ich noch eine gewisse „Schonfrist.“ Ich wurde eingearbeitet, lernte die Namen, Besonderheiten und Eigenschaften der 30 Safaripferde kennen, begleitete die anderen Guides auf ihren Ritten und Safarifahrten, um mir die Wege einzuprägen und erhielt so etwas wie einen Crash-Kurs in namibischer Kulturgeschichte, Flora und Fauna. Nach etwa 10 Tagen führte ich meinen ersten Anfängerritt allein. Unsere Arbeitszeit begann Morgens um 6:00 Uhr – das ändert sich jedoch im Laufe des Jahrs. Ich reiste zur Regenzeit im Februar an. Im Sommer beginnt die Arbeit um 5:00 Uhr und im Winter gegen 6:30 Uhr.

Meine tägliche Sicht: Mit Guidepferd Pwani auf den Spuren der Gnuherden.

Während die Pferdepfleger in aller Frühe das Futter der Pferde vorbereiteten, begannen wir Guides, Putzboxen, Sättel und Zaumzeuge der an diesem Morgen für die Ritte eingeplanten Pferde zu sortieren. Die Pferde verbrachten die Nacht auf der Weide oder frei im Reservat, in der Trockenzeit blieben sie jedoch auf einem großen Paddock, weil auf den Weiden einfach zu wenig Gras wuchs. Normalerweise kehrten sie pünktlich zu den Fütterungszeiten von selbst zum Stall zurück. Wenn in der Regenzeit das Gras aber verlockend hoch und saftig war, musste einer der Pferdepfleger sie suchen und heimwärts treiben.

Nachdem die Pferde gefüttert waren, fingen wir diejenigen von ihnen ein, die wir für die Ritte oder medizinische Behandlungen brauchten und ließen die anderen wieder raus auf den großen Paddock. In der Regenzeit kontrollierten wir vor dem Striegeln auch die Temperatur der Pferde, um auszuschließen, dass keiner von ihnen sich mit der oft tödlich verlaufenden African Horse Disease oder dem Zeckenfieber angesteckt hatte. Wenn die Pferde geputzt, gesattelt und getrenst waren, trudelten meist die ersten Gäste pünktlich zum Sonnenaufgang im Stall ein und die Ritte begannen. Mit Anfängern ritt ich maximal anderthalb und mit Fortgeschrittenen zwei bis zweieinhalb Stunden aus. Zu beachten war dabei einiges – die Reihenfolge der Pferde, das Vermeiden der Jagdgebiete (diese wechselten täglich), die Unterhaltung der Gäste, das richtige Aufspüren, Erklären und Annähern an die Wildtiere im Reservat, und, und, und. Im Nachhinein betrachtet hat mich mein Aufenthalt auf Kambaku zwar reiterlich nicht viel Neues gelernt, dafür aber umso mehr was das Erkennen und die Behandlung sämtlicher exotischer Krankheiten und gängiger Verletzungen der Pferde angeht, sowie eine Unmenge an Wissen über die afrikanische Natur.

Mit Arandis kam ich bis auf wenige Meter an die Steppenzebras heran.

Gegen 10 Uhr kehrten wir meist in den Stall zurück. Die Pferde wurden vesorgt – ihre Köpfe mit nassen Schwämmen abgewaschen, ordentlich gestriegelt oder abgespritzt, Hufe ausgekratzt, Fliegenmasken aufgesetzt – und das Material ordnungsgemäß verstaut. Wenn wir Morgens nur einen Trainingsritt hatten, weil es keine Reitgäste gab, halfen wir auch bei Stallarbeiten, Materialpflege, schnitten Reitwege frei, unterstützten den Tierarzt oder die Pferdephysio oder hatten auch Mal einen Vormittag frei. Nach einer langen Mittagspause, die typisch ist für Namibia, um der Hitze zu entgehen, begannen wir am Nachmittag wieder im Stall. Der Ablauf war eigentlich derselbe wie am Morgen. Allerdings waren die Ritte am Nachmittag kürzer und endeten nicht im Stall. Stattdessen trafen wir uns mit einem der anderen Guides an bestimmten Treffpunkten im Reservat zum Sundowner, einem Getränk, das pünktlich zum Sonnenuntergang eingenommen wird – in Namibia üblicherweise Gin Tonic. Alles war im Vorhinein organisiert – der genaue Treffpunkt, die Uhrzeit, welche Guides zusammen den Sundowner durchführten, welche Getränke und Snacks für die Gäste serviert wurden. Die Pferde sattelten und trensten wir ab und ließen sie im Reservat frei – Morgens zum Frühstück standen sie fast immer pünktlich wieder am Stall, um fürs Frühstück eingelassen zu werden. Das Material fuhren wir im Anschluss an den Sundowner mit den Jeeps zum Stall zurück. Und so endeten die meisten Arbeitstage auf Kambaku für mich.

Fazit: Work & Travel in Namibia

War es so, wie ich es mir vorgestellt habe?

Auch diese Frage wurde mir oft gestellt. Ja und Nein. Auf meine Arbeit als Guide war ich gut vorbereitet. Ich bin zuvor bereits viel gereist, hatte als Reitguide in Marokko und Rumänien gearbeitet und mir mein Studium daheim in Deutschland durch Reitstunden finanziert. Ich kannte die Arbeit mit den Pferden und in einem internationalen Team. Doch auf was mich nichts vorbereiten konnte, war die gewaltige Kraft der Natur. Ich habe in Namibia Gewitter erlebt, bei denen jeder Donnerschlag die Eingeweide zum Vibrieren gebracht haben und Blitze den Himmel so hell erleuchteten, dass ich die Augen schließen musste. Die Verantwortung, wenn sich in einem solchen Moment Reitgäste hiner mir befanden, noch dazu Kinder, ist etwas, mit dem man umgehen können muss. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass alles was ich über Namibia, seine Menschen und Tiere gedacht zu glauben hatte, nicht annähernd der Wahrheit entsprach. Nichts hätte mich auf die intensiven Freundschaften vorbereiten können, die ich mit einigen meiner Kollegen schloss. Oder auf den Moment, als ich das erste Mal durch eine Zebraherde ritt, mir vor lauter roten Sand im Gesicht, der im Galopp aufwirbelte, die Sicht verschleiert wurde und ich dem Pferd unter mir mein vollstes Vertrauen schenkte oder als ich zum ersten Mal den fantastischen Sternenhimmel über mir sah. Ich lernte den Umgang mit dem Walkie Talkie, das Identifizieren von Bäumen und Gräsern, das Annähern an Wildtiere und entwickelte ein Gespür für Gefahrensituationen – wieviele Meter Abstand zum Gnubullen sind notwendig, wie umreite ich am besten die Erdferkel-Löcher auf einer dichtbewachsenen Fläche und wie nahe kann ich die Gäste für das perfekte Foto neben die Giraffengruppe platzieren?

Mehr als nur Arbeitskollegen fand ich auf Kambaku.

Nirgendwo in Afrika

Auch während meiner Zeit auf Kambaku durchlebte ich schwierige Momente. Mir fehlten Familie, Freunde, mein Partner und seit Gismos Tod kann ich zudem die Einsamkeit auf Reisen, die sich beim Alleinreisen immer zu irgendeinem Punkt einstellt, nicht mehr so gut ertragen. Doch meine Kollegen auf Kambaku hießen mich willkommen, wie es eben nur Afrikaner können. Als sei es das Normalste der Welt, dass ich plötzlich mit ihnen Impalafleisch über dem Lagerfeuer briet, dem „mooo“ und „gnuuh“ der Gnuherden lauschte, während die Milchstraße über uns die einzige Beleuchtung war. Würde ich es wieder machen? Ja! Denn wo sonst auf der Welt wacht man auf, so glücklich, hier und jetzt am Leben zu sein – nur irgendwo in Afrika.

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Hi, ich bin Nadine, 27 Jahre alt und komme ursprünglich aus Köln. Seit einer 8-monatigen Soloreise durch Asien nach dem Abitur hat mich das Reisefieber gepackt. Gemeinsam mit meinem Hund Gismo war ich auf zahlreichen Roadtrips durch Europa bis nach Nordafrika unterwegs. Nach seinem Tod reise ich nun wieder viel mit dem Backpack durch ferne Länder. Hier auf meinem Blog Horseshoe Travel verbinde ich meine beiden großen Leidenschaften: das Reisen und das Reiten – und das schon seit 2016!

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