Als Voluntärin auf der Düsternbrook Guestfarm in Namibia

Tief zwischen und hinter den Bergen des Khomas Hochland, nicht bei den 7 Zwergen, sondern bei den Hippos, Rappenantilopen, Giraffen, Zebras und vielen anderen afrikanischen Buschbewohnern, liegt die älteste Gästefarm Namibias – Düsternbrook. Drei Monate arbeitete ich als Voluntär im Reitsafaribetrieb der Farm, führte Gästeausritte quer durch das Reservat, trainierte die Pferde, half im Restaurant aus und wurde Teil von Düsternbrook. Die Farm ist so ganz anders, als jeder andere Ort, den ich in Namibia besuchte. Irgendwo zwischen Tradition des alten Südwestafrikas und dem modernen Namibia, irgendwo zwischen deutscher und lokaler Kultur, irgendwo zwischen einer kleinen Oase im rauen Hochland und dem harten, simplen Farmleben und selbst ihr Besitzer schwankt zwischen absoluten Genie und dem puren Wahnsinn. Doch blicke ich jetzt auf meine Zeit in Namibia zurück, war doch „Düsti“ der Ort, an dem ich mich am meisten Zuhause gefühlt habe.

Von der weitläufigen Dornstrauchsavanne ins karge Khomas Hochland

Ich weiß noch ganz genau, wie ich zum Ende meiner Voluntärszeit im Kambaku Wildlife Reserve bereute, nicht doch volle sechs Monate geblieben zu sein. Stattdessen hatte ich mich entschieden, die folgenden drei Monate auf der Düsternbrook Guestfarm zu verbringen, etwa 45-Autominuten von der namibischen Hauptstadt Windhoek entfernt. Wieso eigentlich? Jetzt kannte ich mich doch endlich im Kambaku Reserve aus, hatte neue Freunde und einen (für afrikanische Verhältnisse) geregelten Arbeitsalltag gefunden und fühlte mich wohl in meinem kleiner Zimmer im „P-Block.“ Aber schon lange lebe ich nach der Divise, dass der einfachste Weg nicht immer der Beste ist. Oder es in den Worte Zig Ziglars auszudrücken: „Difficult roads often lead to beautiful destinations.“ Denn der Weg nach Düsternbrook ist aufgrund der vielen Schlaglöcher, der Tiefsandstrecken und der heiklen Abschnitte quer durch den Fluss tatsächlich difficult – viele Taxifahrer fahren gar nicht erst bis hier raus. Empfehlen kann ich dir die Anfahrt auf die Farm mit Citycab – kostet von Windhoek aus etwa 1.500 Dollar (ca. 80€). Die Farm liegt zwischen Windhoek und der nächstgrößeren Stadt Okahandja – nenne dem Taxifahrer einfach die Ausfahrt Okapuka Lodge, anstatt jedoch rechts abzubiegen, soll er auf der D1499 links fahren. Denn „Dasternbrook“ wie meisten Locals den Namen der ältesen Farm Namibias aussprechen, ist tatsächlich vor allem den alteingesessenen Deutsch-Namibianern, den Windhoekern, die Düsternbrook gerne als Tages- und Wochenendendziel besuchen, und Reitern ein Begriff. Und eben wegen der Pferde zog es auch mich ins Khomas Hochland.

Welcome to Düsternbrook! Ausblick von der Terasse auf das Flussbett, das die Wildtiere täglich zum Trinken besuchen.

Als ich nach drei Monaten auf Kambaku und meiner anschließenden Solo-Reise von den Victoriafalls über Botswana und quer durch den Caprivi-Streifen, endlich auf Düsternbrook ankam, war ich so arrogant zu anzunehmen, ich würde mich auskennen. In Namibia, in einem afrikanischen Gästebetrieb, im Farmleben. Diese Arroganz verließ mich spätestens dann schlagartig, als ich nach 2 Wochen Einarbeitungszeit durch die vorherige Voluntärin plötzlich völlig alleine dastand. Alleine mit der Verantwortung für 8 Pferde, die Reit- und Farmgäste, und zwischendurch auch ganz alleine auf dem Farmgelände lebte. Ich nahm das Dinner gemeinsam mit den Gästen ein, half beim Servieren und blieb, um nach dem Zubettgehen der Gäste die Türen abzuschließen, das Gas abzudrehen und alle Lichter zu löschen. Morgens war ich als erste wach, um nach den Pferden zu sehen. Doch ganz alleine war ich während meiner Zeit auf Düsternbrook nie – Farmhund Fritzi wurde mein bester Freund und lebendige Heizung während der klirrend-kalten Winternächte.

Volunteering in Namibia: Planung, Organsation & Kosten

Wie so viele Reitlodges in Namibia, arbeitet auch Düsternbrook mit Voluntären. Der entscheidende Unterschied ist aber – es wird ausschließlich mit Voluntären gearbeitet. Zwar gibt es 1-2 lokale Mitarbeiter, die notfalls, wenn mal kein Voluntär da ist, einen kurzen Ritt übernehmen können. Keiner von ihnen sitzt jedoch wirklich sicher im Trab und Galopp im Sattel, geschweige denn, dass er ein Pferd in der Reitarena trainieren könnte. Vielleicht wählt Farmbesitzer Johann Vaatz seine Voluntäre auch deshalb so sorgsam aus und kündigt der ein oder anderen auch schon einmal fristlos, wenn sie seinen Anforderungen nicht entspricht. Es ist eine riesige Verantwortung, die auf Düsternbrook auf die meist jungen, häufig deutschen Mädels zukommt, die oftmals noch nie vorher in Afrika waren. Gästebetreuung, Pferdetraining, das auch das Einreiten der jungen Wildpferde aus dem Reservat beinhaltet, Kommunikation mit dem Personal, Wunden, Verletzungen und Krankheiten der Pferde selbst versorgen (dazu später mehr) und natürlich die eigentlichen Ritte.

Farmleopard Teddy. Seine Mutter wurde gewildert, als er noch ein Junges war. Seither lebt er auf Düsternbrook und kann von Besuchern in Form von Fütterungen besichtigt werden.

Wäre ich nicht zuvor im doch sehr vorbildlich geführten Kambaku gewesen und hätte während meiner Zeit als Reitguide in Rumänien und Marokko so viel über Pferde, das Stallmanagement aber auch die Einsamkeit alleine in einem fremden Land, gelernt, dann wäre ich auf Düsti vielleicht nicht so gut klar gekommen. All das erzähle ich dir nicht, um dich davon abzuschrecken, selbst einmal als Voluntär ins Ausland zu gehen – aber hinter den traumhaften Fotos von Reitern neben Giraffen, Zebraherden und Gnus, steckt eben doch so viel mehr.

Volunteering vs. Voluntourism

Wie ich dir im letzten Blogartikel ja bereits erzählt habe, existieren im südlichen Afrika inzwischen zahlreiche Volunteer-Möglichkeiten im Bereich Reitsafaris. Ob Namibia, Südafrika, Sambia, Zimbabwe, Kenia, Tansania, Mozambik – inzwischen gibt es eigentlich kaum noch eine Safari-Destination, die nicht auch Volunteer-Aufenthalte an junge Touristen verkauft. Und ja, verkauft ist hier der richtige Ausdruck, denn für 2 Wochen Reiten in einem kenianischen Safarigebiet zahlst du bei Africanhorsesafaris schonmal 3.890€ – ein völlig gänger Preis. Und wenn man sich die große Verantwortung, den Arbeitsaufwand und die geringe Zeit zum Reisen anschaut, die du unweigerlich bei richtigen Arbeitseinsätzen wie auf Kambaku oder Düsternbrook hast, sind solche Angebote besonders aufgrund der großen Nachfrage auch richtig und wichtig. Schwierig finde ich nur, wenn Ant African Safaris, Bagatelle Lodge, Bambelela Horse Safaris, African Dream Horse Safaris, Hwange Horseback Safaris & Co sie unter dem Deckmantel des Ehrenamts und der Sozialen Arbeit als Volunteering vermarkten, wo es sich doch eigentlich um ein cleveres Geschäftsmodell handelt.

Bewerbung & Voraussetzungen für den Job

Ich bewarb mich etwa anderthalb Jahre vorher für die Stelle als Voluntär. Auf der Webseite von Düsternbrook findest du die notwendingen Infos zum Bewerbungsblauf und den erwarteten Voraussetzungen. Da du für die Arbeit auf Düsternbrook kein Arbeitsvisa benötigst (rein rechtlich eigentlich schon), sondern auf einem normalen Tourism Visa arbeitest, gibt es keine konkreten Nachweise, die du für das Visum erbringen musst. Farmbesitzer Johann legt jedoch Wert auf einschlägige Reiterfahrungen, teilweise auch mit Fotos und Videos als Nachweise, darunter vor allem im Bereich Jungpferdetraining. Gern gesehen sind auch vorherige Erfahrungen als Reitguide, Turniererfolge und ein angemessenes Englisch, um mit den lokalen Mitarbeitern und den internationalen Gästen zu kommunizieren.

Volunteering heißt für mich, auch mal etwas zurückzugeben – hier mit den Kindern der Mitarbeiter, die uns in ihren Ferien besuchten.

Zwischen dem 10. Januar und 10. Februar ist Volunteering auf Düsternbrook übrigens nicht möglich, da die Pferde in dieser Zeit Urlaub haben und kein Reiten angeboten wird.

Organisation & Kosten vor der Reise

Vor der Reise solltest du dich früh genug um deine Flüge kümmern – die besten Deals kannst du meiner Erfahrung nach auf Skyscanner und Google Flights machen, wenn du früh dran bist. Für Impfungen musst du in der Regel in Vorkasse gehen, wobei du dir die Kosten oftmals im Nachhinein bei deiner Krankenversicherung (zumindestens anteilig) zurückholen kannst – bei der TK geht das. Mehr zum Thema Impfungen kannst du im Artikel Gesundheit auf Reisen: Impfungen, Voruntersuchungen & Co nachlesen. Wenn du so wie ich während der Regenzeit nach Namibia reist und zusätzlich in den Caprivi-Streifen im Norden willst, ist auch eineMalaria-Prophylaxe ratsam – informiere dich entweder bei deinem Hausarzt oder einem Tropenmediziner (z. B. im Globetrotter). Achte außerdem darauf, dass keines deiner Dokumente (Pass, Internationaler Führerschein) während deines Auslandaufenthalts abläuft und du auch den Internationalen Impfausweis einscannst. Weitere Tipps zur stressfreien Organisation vor der Reise kannst du hir nachlesen; Der Dokumenten-Krieg.

Jeder vor der Reise gesparte Euro war es wert, vor Ort so tolle Freunde zu finden. Hier mit Voluntärin Lara und Farmhund Fritzi.

Während ich meine Zeit auf Kambaku als Unipraktikum deklarieren konnte und so die ERASMUS-Förderung erhielt, war meine Zeit auf Düsternbrook leider nicht mehr förderungsfähig. Ich erhielt jedoch weiterhin Bafög. Vor der Reise hatte ich bereits versucht, meine laufenden Kosten runter zu schrauben, um so in Afrika wirklich Kosten zu sparen. Welche Möglichkeiten es sonst noch gibt, sich als Student einen Auflandsaufenthalt zu finanzieren, kannst du übrigens in meinem Artikel Während des Studiums ins Ausland: ERASMUS, Praktika & Auslandssemester nachlesen.

Eine ordentliche Summe Geld kommt bereits vor dem geplanten Auslandsaufenthalt auf dich zu. Nur mal so zum Beispiel, ich zahlte:

  • Knapp 1.600€ für Hin- und Rückflug Frankfurt – Windhoek
  • Insgesamt – und das ist dem günstigen Studententarif zu verdanken – 280€ für 7 Monate Kombiversicherung aus Auslandskrankenschutz, Haftpflicht- und Unfallversicherung des DAAD.
  • Visakosten – für ein Tourism Visa waren das 2025 ca. 1.600 ND (ca. 83 €)
  • Ausrüstung: Reitklamotten in beige/grünen Farben, ausreichend Hygiene- und Pflegemittel, denn die nächste Einkaufsmöglichkeit ist über eine Stunde entfernt. Auch Regenjacke, festes Schuhwerk & alle nötige Elektronik solltest du dabei haben.

Und obwohl ich versuchte, die Kosten daheim während meines Auslandaufenthalts so gering wie möglich zu halten, fielen weiterhin an;

  • 154€ Studentische Krankenversicherung 
  • 25€ Streamingdienste (könnte man natürlich auch drauf verzichten)
  • 100€ die ich eigentlich für KFZ-Versicherung & Autosteuer beiseite lege
  • 8€ Spenden

Dafür lebte ich auf der Farm völlig kostenfrei, in meinem kleinen Zimmer nahe des Haupthauses. Als Voluntärin durfte ich mich frei am Frühstücksbuffet bedienen, mir Mittags (mit Absprache der Köchin) eine Mahlzeit aus den Zutaten in der Vorratskammer zubereiten und Abends am Gästedinner teilnehmen. Waren mal keine Gäste auf der Farm, kochte ich mir aus den Zutaten die eben so da waren, ein Abendessen. Aber ab 2026 gibt es eine Änderung – die Voluntäre essen nicht mehr im Farmhaus mit sondern bereiten sich ihr Essen selbst zu. Alternativ zahlen sie 500€ im Monat, um dann an den Mahlzeiten im Farmhaus gemeinsam mit den Gästen teilzunehmen.

Wieso ich den Aufenthalt fast gar nicht antreten konnte

Die Sache mit dem Visum – in Namibia ist es nämlich eigentlich so, dass du als Tourist maximal 90 Tage pro Kalenderjahr im Land sein darfst. Diese Regelung wird auch ziemlich ernst genommen. Glücklicherweise erhielt ich aber nach meinem 90-tägigen Short Term Employment Visa von Kambaku, ohne Probleme noch ein 90-tägiges Tourism Visa, das ich ebenfalls direkt online bei Mhaiss beantragte. Als ich über die Grenze von Botswana nach Namibia über den Landweg einreiste, schaute sich der Grenzbeamte meinen Reisepass und die ausgedruckte Visumsbescheinigung ganz genau an. Problematisch war dann, dass ich mein Visum noch um weitere sechs Wochen verlängern wollte, um nach meiner Zeit auf Düsternbrook noch genügend Zeit zum Reisen mit meiner Mutter zu haben. Ich probierte es persönlich bei Home Affairs in Windhoek, wurde aber mit den Worten abgewiesen, dass so eine Verlängerung in meinem Fall unmöglich sei. Es brauche einen trifftigen Grund – Krankheit, beruflicher Aufenthalt – dass ein Visum überhaupt verlängert wird. Ich durchforstete sämtliche Facebook-Reiseforen, schmierte erfolgslos einen Home Affairs-Mitarbeiter und schrieb verschiedene Agenturen in Windhoek an, die mir jedoch alle wenig Hoffnung machten. Denn ohne Kontakte und Beziehungen geht auch in Namibia wenig. Von befreundeten Namibianern erhielt ich den Tipp, mich an die Pension New Nouveau zu wenden, die auch eine Visaagentur betreibt. Mitarbeiter Clinton kümmerte sich um meinen kompletten Antrag und holte schließlich den Reisepass mit verlängerten Visum gemeinsam mit mir bei Home Affairs ab. Insgesamt hatte mich die Verlängerung 2.400 Namibische Dollar bei der Agentur gekostet, was dafür, dass ich diese Verlängerung allein niemals erhalten hätte, völlig okay war.

Als Voluntär auf Düsti reitest du mit Touristen aus und generierst so Geld für die Farm – in den Augen des namibischen Staats ist das eine Form von Arbeit für die ein spezielles Visum notwendig ist.

Auf einem Tourism Visa als Voluntär zu arbeiten ist eigentlich verboten – auch wenn es die meisten Betriebe in Namibia so handhaben. Beim Visaantrag darfst du bei Purpose of Travel also keinenfalls erwähnen, dass du zum Arbeiten, auch wenn dieses freiwillig und unbezahlt ist, ins Land kommst. Eigentlich sollte jeder namibische Betrieb, der Voluntäre für sich arbeiten lässt, auch bereit sein, ihnen bei der Beantragung eines Short Term Employment Visas zu helfen. Sonst machen sich beide Seiten strafbar.

Leben & Arbeiten auf der Düsternbrook Gästefarm

Die Geschichte der ältesten Gästefarm Namibias

Wer das Haupthaus auf der Farm durch den Haupteingang betritt, befindet sich direkt in einer kleinen Eingangshalle wieder, deren Wände Zeichnungen des Bayweg, einst einer der wichtigsten Ochsenwagen-Versorgungsrouten zwischen dem Landesinneren und Walvis Bay an der Küste, zieren. Die Farm Düsternbrook, damals noch bekannt als Otjihorongo („Platz des Kudus“), diente lange Zeit als erste Quarantänestation Namibias – um die Ausbreitung der aus Südafrika eingeschleppten Lungenseuche einzudämmen, mussten dort die Zugochsen auf dem Weg nach Süden gegen neue Tiere ausgetauscht werden. Im Jahr 1908 erwarb ein deutscher Marineoffizier die Farm und benannte sie nach seinem Heimatort Düsternbrook (ein Kieler Stadtteil). 1942 ging die Farm an die Familie Vaatz, die das Farmhaus in den 1950er-Jahren modernisierte. Düsternbrook war damals eine 14.000-Hektar-Rinderfarm, zeitweise auch mit Milchwirtschaft.

Die Klippschliefer gehören quasi zum Inventar der Farm.

1962 führte ein Ausbruch der Maul- und Klauenseuche zum Verkaufsverbot für Rinder. Dies veranlasste Marga Vaatz, die erste Jagd- und Gästefarm Namibias zu gründen – ein wegweisender Schritt, der den Tourismus auf Farmen im Land einleitete. Nach 12 Jahren wurde der Gästebetrieb jedoch wieder eingestellt, und die Farm konzentrierte sich für rund zwei Jahrzehnte erneut hauptsächlich auf Rinderzucht und nachhaltige Jagd. Marga hat mehrere Bücher geschrieben, etwa „Ihr und Wir in Südwestafrika“ und „Denkst du manchmal noch daran? Erinnerungen und Farmgeschichten aus Südwest.“ Letzteres kannst du auch direkt vor Ort an der Rezeption kaufen und mehr über die Geschichte der Familie Vaatz auf Düsternbrook lesen. Im Jahr 1986 übernahm Margas Sohn Johann die Farm und eröffnete 1993 den Gästebetrieb erneut. Um unabhängiger vom Klima zu werden und den Boden zu schonen, setzte er zunehmend auf Wildtourismus statt Rinderhaltung. Dadurch konnten heimische Tierarten zurückkehren bzw. wieder angesiedelt werden.

Arbeitsalltag im Khomas Hochland

Während ich dir in meinem Artikel über das Kambaku Wildlife Reserve eine genaue Aufzählung meiner täglichen Arbeiten geben konnte, ist das auf Düsti etwas schwieriger. Tatsächlich ähnelte nämlich kein Tag dem anderen. Eine zeitlang arbeitete ich ganz alleine und schließlich einige Wochen auch mit einer anderen Voluntärin gemeinsam im Stall. Wir teilten uns die Arbeitszeit recht frei ein, besonders an Tagen, an denen keine Gästeritte anstanden. In der Regel sahen unsere Tage so aus – generell plante ich alles um die Gästeritte herum. Diese fanden entweder morgens gegen 7-8 Uhr statt und dauerten, je nach Wunsch und Können der Reitgäste, zwischen 1-3 Stunden. Dasselbe auch nochmal am Nachmittag ab 15:30 Uhr. Da Düsti im Gegensatz zu Kambaku auch externe Tagesgäste willkommen heißt, fanden die Ritte teilweise auch sehr spontan statt. Am Abend zuvor meldete ich Pferdepfleger Berrie, um wieviel Uhr die Pferde morgens im Stall sein sollten. Sie verbrachten nämlich die restliche Zeit auf den weitläufigen Koppeln und dort musste man sie erst einmal finden. Im Stall angekommen wurden sie geputzt, auf Verletzungen, Krankheitssymtome und ihr allgemeines Wohlbefinden kontrolliert, gesattelt und dann ging es früh morgens entweder zum ersten Gästeritt oder auf einen Trainingsritt. Auf Düsti hatten wir das Glück eine weitläufige Reitarena mit Natursprüngen zu haben, in der ich viel mit den Jungpferden Zoe, Tiffy und Loui arbeitete. Denn auch Safaripferde in Afrika benötigen eine solide dressurliche Grundausbildung.

So sahen zwar die meisten meiner Instagram-Beiträge aus – dahinter steckte aber viel Arbeit mit Jungpferd Tiffy.

Nach den Ritten erhielten die Pferde eine Portion Müsli und durften zurück auf die Koppeln. Über Mittag war es (trotz Winterzeit) meist zu heiß zum Reiten, sodass ich mich häufig um anfallende Stallarbeiten kümmerte –Leder fetten, Material sortieren, Staub und Spinnweben aus den Boxen entfernen, Tränken und Pferdebürsten reinigen. An manchen Tagen fuhr ich gemeinsam mit Berrie raus ins Reservat, um die Wildpferde zu suchen. Einige von ihnen sind ehemalige Safaripferde, die in Rente geschickt wurden. Während meiner Zeit kam ein Fohlen zur Welt und wie es aussieht, hat es die kritischen ersten Monate, in denen es vor allem von Leoparden bedroht wird, gut überstanden und wächst nun zum zukünftigen Safaripferd heran – frei auf 16.000 Hektar, bis es im Alter von 3-4 Jahren zum Einreiten in den Stall geholt wird.

Einmal die Woche hatten alle Pferde frei – zum einen um sie zu schonen, zum anderen um auch mich selbst bei Laune zu halten. Denn häufig nutze ich diesen Tag, um für Besorgungen nach Windhoek zu fahren oder gemeinsam mit den Gästen an den Safaris teilzunehmen. Und obwohl ich bereits so viel über die afrikanische Flora und Fauna gelesen und gelernt hatte, ergab sich mir doch auf fast jeder Safarifahrt nochmal etwas Neues. All dieses Wissen fasste ich in einem Dokument zusammen, dass von nun an allen neuen Voluntären auf Düsternbrook zur Verfügung steht. Interessante Fakten, wie dass der Name des Breitmaulnashorns eigentlich auf einem Übersetzungsfehler beruht, weibliche Paviane den Führungsplatz ihrer Mutter in der Gruppe erben können, Stachelschweine die einzigen Tiere in Afrika sind, die Geschlechtsverkehr trotz der enormen Schmerzen für das Männchen, zum Vergnügen haben, Elanantilopen ein Klickgeräusch beim Laufen mit ihren Hufen machen oder dass der Gelbschnabeltoko gar nicht der berühmte Zazu aus König der Löwen ist, sondern sein Verwandter mit dem roten Schnabel. Ich könnte ein Buch schreiben über die magische Tierwelt Afrikas. Zunächst begnüge ich mich aber mit dem Artikel Meine schönsten Tierbegegnungen in Namibia, den du bald hier auf Horseshoe Travel findest.

Mit 16.000-Hektar Fläche ist das Farmland von Düsternbrook doppelt so groß wie Kambaku. Und selbst am Ende meiner Voluntärszeit kannte ich mich definitiv nicht im ganzen Reservat aus. Eine der Besonderheiten ist die Lage der Farm, eingebettet im Khomas Hochland, wodurch ich die Pferde gezielt auf den steilen Hängen trainieren konnte. Zudem hatten die Gäste auch die Möglichkeit, Bergzebras zu sehen, die sich in Aussehen und Größe von den Steppenzebras unterscheiden. Manchmal sogar vom Pferderücken aus. Allgemein ist die Region eher karg und steinig. Keines der Pferde trägt daher Hufeisen, stattdessen schnitt der Hufschmied nur alle paar Wochen ein wenig Horn weg. Einen Großteil liefen sich die Pferde selbst ab. Trab- und Galoppstrecken mussten im Reservat aufgrund der Bodenverhältnisse also sehr genau gewählt werden. Manche Routen waren obligatorisch – die Breakfast-Route, der Weg zum Sundowner, der 2-Tagesritt zur Point of View Lodge und verschiedene einstündige Routen für die kurzen Ausritte.

Eine weitere Besonderheit von Düsti ist das Angebot von „Reitpackages“, die zwischen 4-7 Tage dauern und sich an erfahrene Reiter richten. Die Packages beinhalten eine bestimmte Anzahl an Ritten und Aktivitäten, die ich vorab für die Gäste plante – Leopardenfütterung, Safari in die Berge und durch das Reservat, die Sky Unlimited-Tour auf einen der höchsten Berge innerhalb des Farmgebiets und jeden Tage Ausritte. Das Highlight der meisten Gäste war der 3-stündige Ritt zu den Hippos, die zu der Zeit in einem kleinen See tief im Reservat lebten. Die Gäste, die ein 7-Tage Package gebucht hatten, kamen außerdem in den Genuss eines Übernachtungsritt zur etwa 10-km vom Haupthaus entfernten Point of View-Lodge. Wir ritten Nachmittags los, kamen pünktlich zum Sonnenuntergang auf dem Plateau der POV-Lodge an, wo zunächst die Pferde versorgt und über Nacht auf einen kleinen Paddock gebracht wurden, und genossen dann die Nacht in der Wildnis. Am nächsten Morgen ging es nach einem üppigen Frühstück zurück zur Farm.

Ein Traum nicht nur für die Gäste sondern auch uns Mitarbeiter – die Point of View-Lodge.

Auf Düsternbrook glich wirklich kein Tag dem anderen. Doch blicke ich jetzt auf meine Zeit zurück, dann denke ich daran, wie wir unser Frühstück auf dem Plateau einnahmen, frisches Obst aßen und die weiten Ebenen überblickten. Oder wie ich mit den vielen netten Menschen, die einmal Gast auf Düsti waren, mit einem kühlen Savannah Cider auf den langen Reittag anstoß, während die Pferde neben uns friedlich grasten und die Sonne langsam hinter dem Horizont verschwand. Oder an die etlichen Kilometer, die ich Gäste aus aller Welt (zugegeben vor allem aus Deutschland) quer durch das Reservat führte – vorbei an den Steppenbewohnern, die man nicht täglich zu Gesicht bekommt, wie Rapp- und Elanantilopen, Löffelhunde, Schakale, viele exotische Vögel oder die Hippos, die mir zugegeben nie so ganz geheuer waren. Die Morgende, an denen ich mich über dreiste Paviane ärgerte, die mir wieder einmal das Obst für die Pferde vor der Nase geklaut hatten. Wie ich auf der Ladefläche des Jeeps nach Windhoek ratterte, während mir die Augen vom Fahrtwind tränten oder mit einem der sieben Pferde barfuß im Fluss stand, weil es ein dickes Bein hatte. Doch am häufigsten denke ich an Fritzi.

Eine kleine Tragödie

Ein Ereignis auf Düsti hat mich nachträglich erschüttert. Aber nicht nur mich, auch meine Kollegen und die Gäste, die zu der Zeit die Farm besuchten – der Tod von Stute Sunny. Obwohl Johann primär der Naturheilkunde vertraute (was auf einer abgelegenen Farm auch sinnvoll ist), stockte ich während meiner Voluntärszeit die Stallapotheke beim Tierarzt in Windhoek mit dem Nötigsten auf und musste auch das ein oder andere Mal selbst Hand anlegen. Tränende Augen durch das Gift von Speikobras oder einfach Insekten, geschwollene Sehnen durch Überlastung auf dem harten Untergrund, verkrampfte Muskulatur und eines Nachts fiel eines der Pferde in einen überdeckten Löschteich und riss sich die Beine, die Brust und eine Stelle am Kopf tief ein. Wochenlang reinigte und verband ich die Wunden neu und spritzte Antibiotika gegen die Infektionsgefahr. Doch als die schneeweiße Stute Sunny eines Morgens mit erhöhter Temperatur in den Stall zurückkehrte, ahnte ich, dass ich allein ihr nicht würde helfen können. Ich kontaktierte sofort den Tierarzt, deckte das zitternde Pferd ein (es war auch eine echt kalte Nacht gewesen), gab ihr Heu und spritzte schließlich noch ein Schmerzmedi. Doch mit jeder Stunde wurde ihr Zustand kritischer.

„Düsternbrooks Sunshine“ starb im Juni 2025 mit nur 9 Jahren.

Am nächsten Tag hatte sich ihr Zustand derart verschlechtert, dass der Tierarzt so schnell wie möglich kommen musste. Inzwischen waren auch die Blutergebnisse eingetroffen – ein immenser Calciummangel lag vor. Aber wodurch ausgelöst? Sunny konnte inzwischen nicht mehr stehen, fraß und trank schon seit dem Vortag nicht mehr und auch das Fieber stieg stetig. Eine weitere Nacht des Bangens stand uns bevor. Ich verbrachte den ersten Teil der Nachtschicht bis kurz vor halb 4 Uhr morgens mit ihr in der Box – jede Stunde wechselte ich ihren Infusionsbeutel, deckte sie erneut zu, wenn sie sich von Krämpfen geschüttelt frei gestrampelt hatte und war einfach da. Am nächsten Morgen mussten wir sie gehen lassen. Kopfschuß statt Einschläferung – so, wie man das auf einer Farm eben macht. Bis heute ist unklar, was die Stute genau erlitten hatte – war es ein ungewöhnlicher Schlangenbiss, ein Skorpionstich, eine allergische Reaktion, Giftpflanze oder den Symptomen nach zu urteilen doch das tückische West-Nil-Virus? Endgültig wissen werde ich es wohl nie. Was bleibt, sind die Vorwürfe, die ich mir bis heute mache, dass ich nicht früher, nicht anders, nicht besser reagiert habe. Und die Erinnerungen an Sunny, eine echte Kämpferin, deren letztes Hindernis selbst für eine so begabte Springerin wie sie einfach zu hoch war.

Fazit: Namibisches Farmleben

Die Jahreszeiten im Khomas Hochland sind intensiv, das Essen ist schlicht (aber gut), Strom und Internet kommen und gehen und die nächstgrößere Stadt ist ohne Auto unmöglich zu erreichen. Im absoluten Winter (Juni-Juli) sanken die Temperaturen nachts schon mal unter die 0 Grad – und das ohne Heizung und mit schlecht bis gar nicht isolierten Fenstern. Auf und rund um die Farm begegneten mir die ersten Gifttiere in Namibia überhaupt – eine Zebraschlange, die bereits auf dem Weg in mein Zimmer war, eine Black Mamba in den Bergen und ein hochgiftiger Skorpion mitten auf der Farm. Regelmäßig besuchte uns ein riesiger Waran, Insekten in der Küche und die dreisten Paviane, die auch vor der Speisekammer der Menschen keinen Halt machten. Heute fehlt mir ihr bellendes Geschrei.

Eine meiner liebsten Erinnerungen an meinen treuen Freund Fritzi.

Im Nachhinein sollte alles so kommen, wie es eben kommen soll, und das ist auch gut so. Ich bin froh, meine Voluntärszeit in Namibia zweigeteilt zu haben. Auf Düsti hatte ich die Chance, all das Gelernte von Kambaku auch selbstständig anzuwenden und eine viel größere Verantwortung zu tragen. Die Nähe zur Hauptstadt Windhoek ermöglichte mir auch mal mehr vom namibischen Citylife zu erfahren. Begegnungen auf Reisen fühlen sich oftmals intensiver an, als daheim. Gäste wurden zu Vertrauten, Kollegen zu Freunden und Farmhund Fritzi zu meinem engsten Begleiter. Denn Düsternbrook ist anders. Anders als jeder andere Ort, den ich in Namibia bereiste. Ein Ort, an dem man zwischen Hippos, Leoparden und den Araber-Pferden noch den echten Farmalltag erleben kann. Und so wie Marga Vaatz in ihrem Buch, denke auch ich noch oft daran. An all die Erinnerungen und Farmgeschichten.

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Hi, ich bin Nadine, 27 Jahre alt und komme ursprünglich aus Köln. Seit einer 8-monatigen Soloreise durch Asien nach dem Abitur hat mich das Reisefieber gepackt. Gemeinsam mit meinem Hund Gismo war ich auf zahlreichen Roadtrips durch Europa bis nach Nordafrika unterwegs. Nach seinem Tod reise ich nun wieder viel mit dem Backpack durch ferne Länder. Hier auf meinem Blog Horseshoe Travel verbinde ich meine beiden großen Leidenschaften: das Reisen und das Reiten – und das schon seit 2016!

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