Killing Fields: Die Ermordung des eigenen Volks

Die Regierungszeit der Roten Khmer ist ein grausames Kapitel, des sonst so friedlichen Kambodschas. Die Geschichte des Landes ist jung, erschreckend und belastet viele Einwohner bis heute. In diesem Blogartikel berichte ich dir von meinem Besuch der Killing Fields und des Tuol Sleng Genozid Museums in Phnom Penh. In meinen Augen hat jeder Reisende die Verantwortung, sich zumindest ein Stück weit nicht nur mit der gegenwärtigen Situation, sondern auch mit der Geschichte des Landes in das er reist, zu beschäftigen, besonders an Orten wie Kambodscha.

Die Geschichte Kambodschas 

Am 17. April 1975 kamen die Roten Khmer unter Pol Pot an die Macht und töteten bis 1978 zwischen 1,7 und 2,2 Millionen Menschen ihres eigenen Volks, ein Drittel ganz Kambodschas. Die Bevölkerung litt zu dieser Zeit an grausigen Hungersnöten und einer flächendeckenden Armut, denn auch Kambodscha war von den verheerenden Auswirkungen des Vietnamkriegs und den Bomben der Amerikaner betroffen. Die Roten Khmer wollten einen kommunistischen Bauernstaat errichten. Im Zuge dessen wurden die Menschen aus den Städten aufs Land getrieben, sodass Phnom Penh nach nur drei Tagen menschenleer war und die Roten Khmer freie Hand hatten.

Viele Kambodschaner starben bereits bei den anstrengenden Märschen aufs Land, oder schließlich bei der harten Arbeit. Manche verhungerten, andere starben an Krankheiten oder wurden von den Aufsehern zu Tode geprügelt.

Das Leiden der politisch Verfolgten

Die roten Khmer hatten ein Feindbild, welches sie systematisch versuchten auszulöschen: Intellektuelle, dazu zählten bereits Menschen, die bloß eine Fremdsprache beherrschten, oder eine Brille trugen, Bürger des Mittelstandes, besonders religiöse Menschen, Ärzte, Lehrer und zahlreiche andere. Dieses Feindbild erinnert stark an das des Nationalsozialismus, auch wenn sich diesmal die Gewalt mehr auf das eigene Volk konzentrierte.

Dieser Teil der Bevölkerung wurde in die Foltergefängnisse Kambodschas gebracht. Das wohl bekannteste ist das S-21 Gefängnis in Phnom Penh, heutzutage eine eindrucksvolle Gedenkstätte. Die einstige Schule wurde zu einem Gefängnis umgebaut und in den ehemaligen Klassenräumen hängen heute noch die Bilder von einigen der Leichen, die dort gefunden wurden, teilweise sind noch Blutspritzer an den Wänden.

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Eines der ehemaligen Klassenzimmer

Männer, Frauen und Kinder wurden an diesem Ort gefoltert, viele starben. Das weiß man so genau, da das Khmerregime seine Taten und Opfer dokumentarisch festhielt. Jeder Gefangene bekam eine Nummer und wurde fotografiert. Teilweise mussten die Gefangenen ihre Dokumente selbst unterschreiben, womit sie ihr eigenes Todesurteil unterzeichneten.

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Unzählige Menschen sind im Gefängnis S-21 ums Leben gekommen

Die Gefangenen müssen unvorstellbares Leid erlitten haben und natürlich machten die Folterer auch vor Kindern nicht halt. Eine übliche Foltermethode war es, Fuß- und Fingernägel herauszureißen, andere Gefangene wurden blutig geschlagen und anschließend übergoss man ihre schmerzenden Wunden mit Salzwasser, wieder andere ließ man bis zur Bewusstlosigkeit am Galgen baumeln, um sie anschließend in einer Tonne mit dreckigen Wasser wieder zu Bewusstsein zu bringen und mit der Folterei fortzufahren.

Choeung Ek: Die Killing Fields 

Die Menschen, die das Gefängnis überlebten, wurden ins Choeung Ek, eines der 300 sogenanten Killing Fields gebracht, wo sie schließlich getötet wurden. Da jedoch Munition gespart werden sollte, wurden die Menschen meist erschlagen, erstochen oder ihre Kehle mit der Rinde der Zuckerpalme durchgeschnitten.

Währenddessen tönten laute Musik und die Geräusche eines knatternden Dieselgenerators über das Gelände, damit die Ankommenden die Schreie der Sterbenden nicht hörten. Viele waren noch nicht tot, als sie zu den Leichen in die Massengräber der Killing Fields geworfen wurden.

Eines der Gebäude, indem die Menschen auf ihre Hinrichtung warteten

Besonders schockierend ist die Geschichte des sogennanten Killing Tree. Einem Baum, welcher heute mit vielen Armbändern geschmückt ist. An diesem schlugen die Folterer Babys tot, oft vor den Augen ihrer schreienden Mütter.

Mir stellte sich während meines Besuchs der Killing Fields die Frage, wie Menschen sich gegenseitig ein solches Leid antun können? Noch dazu Menschen eines Volkes. Die Audio, die mich durch die Killing Fields führte, erzählte zudem Geschichten einzelner Opfer, Opfer jeden Alters. Als ich vor einem Glaskasten mit den Kleidungsresten, die man in den Killing Fields gefunden hatte, stand, sagte der Sprecher der Audio, dass die Geister der hier Verstorbenen noch immer nicht ruhen würden, denn jedes Jahr zur Regenzeit würden weitere Knochen und Zähne aus den Gruben hochgeschwemmt werden.

Gedenken an die Opfer

Der Rundgang durch diese grausame Szenerie beginnt und endet an der Gedenkstupa, welche auf sieben Ebenen mit den Schädeln von über 5000 Opfern gefüllt ist. Diese wurden untersucht und sind nach Geschlecht, Alter und Nationalität gekennzeichnet.

Die Schädel der Gedenkstupa, kein leichter Anblick

Jedes Jahr findet hier eine traditionelle Gedenkzeremonie für die Toten statt. Eine Gedenkzeremonie für die zahlreichen Kinder, Frauen und Männer, die dem Khmerregime zum Opfer fielen.

Reiseinformationen

Choeung Ek liegt etwa 15km von Phnom Penh entfernt, daher lässt du dich am besten mit einem Tuk Tuk für 15-20 Dollar hin- und zurückfahren. Der Eintritt der Killing Fields inklusive Audio Guide beträgt 6 Dollar, zudem kannst du für einen halben Dollar eine Blume kaufen und sie zum Gedenken der Opfer vor die Stupa legen. Der Eintritt ins Tuol Sleng Genozid Museum (S-21) liegt bei 3 Dollar, mit Audioguide 6 Dollar.

Was mich besonders schockiert hat waren Besucher, die lachend und schwatzend an Massengräbern und Bildern blutverschmierter Leichen vorbeiliefen, trotz der Hinweisschilder, die um Ruhe baten. Ob sie sich genauso benehmen würden, wenn hier die Körper ihrer Familienangehörigen ruhen würden?

Fazit

Der Besuch der Killing Fields und des Tuol Sleng Genozid Museum hat mich sehr bewegt und gleichzeitig zutiefst erschrocken. Das Schlimmste ist meiner Meinung nach nicht einmal die unfassbare Anzahl getöteter Menschen, sondern die Tatsache, dass der Rest der Welt diesen Genozid still mit angesehen hat. Doch das Regime der Roten Khmer unter der Führung Pol Pots wurde von vielen westlichen Ländern, darunter auch Deutschland, stillschweigend akzeptiert. Und das, obwohl acht westliche Journalisten, ein Australier, zwei Franzosen und fünf Amerikaner, ebenfalls auf den Killing Fields unter mysteriösen Umständen ermordet wurden.

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Verfasst von

Hi, ich bin Nadine, 25 Jahre alt und komme ursprünglich aus Köln. Seit einer achtmonatigen Soloreise durch Asien nach dem Abitur hat mich das Reisefieber gepackt. Vor vier Jahren kaufte ich mir meinen 44 Jahre alten VW-Bus "Henry" mit dem ich seither quer durch Europa bis nach Marokko und Russland reiste. Begleitet werde ich dabei von meinem Hund Gismo. Ich studiere Pferdewirtschaft im achten Semester und nutze natürlich weiterhin jede Gelegenheit zum Reisen.

2 Kommentare zu „Killing Fields: Die Ermordung des eigenen Volks

  1. Liebe Nadine, es gab weltweit so unendlich viele schreckliche Kriege gegen fremde Völker oder das eigene Volk. Aus ideologischen und machtpolitischen Gründen die du und ich niemals verstehen und nachvollziehen können. Und es geht leider weiter. Siehe Syrien.
    Wir haben ja unsere eigene Geschichte. Was du über die Leute berichtest, die lachend an den Zeugnissen diese n Greueltaten vorbeiziehen, erlebst du in Deutschland leider auch z.B. in KZ-Gedenkstätten. Hab ich selbst erlebt.
    Nadine, ich finde toll, dass du dich mit der Geschichte der Länder die du bereist auseinander setzt. LG Ibge

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    1. Hey Inge,
      ich finde das Verhalten mancher Menschen einfach unverständlich- trotzdem ist es wichtig, dass wir uns alle mit der Vergangenheit und den Geschichten von Ländern wie Kambodscha auseinandersetzen und nicht nur unsren Spaß haben in dem Land..
      Danke das du dir die Zeit zum Lesen und Kommentieren genommen hast 🙂
      Alles Liebe

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