Couchsurfen und Trampen durch China

Ein Artikel über das einfache Prinzip des Reisens, der Nächstenliebe und des Vertrauens.

Meine einmonatige Chinareise führte mich von Shanghai nach Peking, weiter nach Guangzhou und über Shenzhen bis nach Hong Kong und Macau. Außer ein paar Nächten im Hostel, verbrachte ich jede Nacht bei einem Couchsurfing Host. Außerdem trampte ich einen Großteil der Reise und nutzte ansonsten das gut ausgebaut öffentliche Verkehrsnetz Chinas.

Couchsurfing in China

Als Alleinreisende Frau wirst du es auf Reisen nicht immer einfach haben. Leider gibt es noch immer sehr viele Länder, in denen die Geschlechter eben nicht gleichgestellt sind und wo das Ansehen der Frau niedriger ist als das des Mannes. Und wenn du als Frau dann auch noch auf den Sofas fremder Männer übernachten willst, wird schon mal der ein oder andere Kopf fassungslos geschüttelt. Dies fiel mir besonders stark in Ländern wie Marokko, Sri Lanka oder auch auf den teilweise sehr konservativen philippinischen Inseln auf. Egal ob Islam, Buddhismus, Hinduismus oder Christentum, Offenheit und Toleranz einer Gesellschaft ist unabhängig von deren religiösen Glauben, zumindest bis zu einem bestimmten Teil.

Wie passt also Couchsurfing in eine Welt voll Ungleichheit, Vorurteilen und Egoismus? Couchsurfing zeigt, dass es auch anders geht. Auf der Plattform, die mittlerweile über zehn Millionen Nutzer hat, bieten Einheimische Reisenden eine Unterkunft, das kann ein Bett, ein Sofa oder auch ein Teppich sein, wo diese kostenlos und ohne Gegenleistung übernachten dürfen. Dabei triffst du auf Menschen aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten, erhältst einen Einblick von deren Lebensumständen und nimmst aktiv am Leben deines Gastgebers teil.

Häufig leben Couchsurfing-Hosts in abgelegenen Gegenden, wie hier am äußersten Stadtrand Shanghais
Beim Autofahren in den chinesischen Städten brauchst du sehr viel Geduld

Und doch sind ein Großteil der Couchsurfing-Mitglieder Männer, deren Anzahl besonders in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. 2007 vergewaltigte ein Engländer seine Couchsurferin aus Hong Kong, ähnliche Vorfälle fanden 2012 und 2014 auch in Frankreich und Italien statt. Gerne möchte man hier von Einzelfällen sprechen, jedoch gibt es eine unbekannte Dunkelziffer von Taten, die nie an die Öffentlichkeit gelangten und die eventuell vermeidbar gewesen wären.

Sicherheit beim Surfen

Couchsurfing selbst ermöglicht es den Nutzern, durch Bewertungen und Informationen auf den Profilen und dem Austausch von Nachrichten schon im Vorhinein einen ersten Eindruck von dem potenziellen Gastgeber oder Gast zu bekommen. Bewertungen können nicht gelöscht werden und spiegeln daher bestenfalls die Meinung der vorherigen Surfer wieder.

Wenn du gerade erst mit Couchsurfing anfängst, kannst du deine Anfragen auch erst einmal nur an eine gewisse Zielgruppe senden, beispielsweise an Frauen oder Hosts mit vielen Referenzen. Zudem solltest du darauf achten, dass ihr möglichst in einem Alter seit und eine gemeinsame Sprache sprecht, denn nichts ist doofer, als sich mit seinem Gastgeber aufgrund von Sprachbarrieren nicht unterhalten zu können.

Am Ende benötigt es jedoch immer ein wenig Vertrauen in den Fremden, jedoch solltest du stets auf dein Bauchgefühl hören und dir im Zweifelsfall lieber eine neue Unterkunft suchen, als mit ungutem Gefühl zu bleiben.

Und wie war das mit dem Trampen?

Ebenso wichtig ist dein Bauchgefühl auch beim Trampen, unter Backpackern als Hitchhiking bekannt. Menschen, die mit ausgestrecktem Daumen am Straßenrand stehen, sieht man heutzutage in Deutschland eher selten, was das allgemeine Vertrauen in diese Art des Reisens nicht unbedingt fördert.

Beim Trampen brauchst du vor allem eines, viel Geduld

Auch in China ist Trampen nicht sehr verbreitet und so kann es vorkommen, dass du Stunden auf jemanden wartest, der dich mitnimmt. Dafür halten immer wieder Leute an, um dir den Weg zum nächsten Bahnhof oder der nächsten Busstation zu zeigen. Wichtig ist, dass du dein Reiseziel in der Landessprache, in diesem Fall Mandarin, aufschreibst. Du kannst auch einen Einheimischen beten, das für dich zu erledigen, da schon kleine Fehler in einem chinesischen Schriftzeichen zu einer komplett neuen Bedeutung des Wortes und zu erheblichen Missverständnissen führen können. Abgesehen von der richtigen Schreibweise deines Ziels, ist es wichtig, dass du an der richtigen Stelle (Kreuzung, Autobahnauffahrt etc.) stehst.

Sicherheit beim Trampen

Reisen per Anhalter birgt immer ein gewisses Risiko, denn Fälle von Diebstahl, Belästigung, Vergewaltigung bis hin zu Tötung sind schon vorgekommen. Schützen kannst du dich, indem du bereits Morgens startest, um nicht im Dunkeln nach einem potenziellen Fahrer suchen zu müssen.

Außerdem solltest du dir das Kennzeichen des Autos merken und falls möglich, einem Familienmitglied oder Bekannten weiterleiten und bestenfalls zu zweit trampen. Ein weiterer Tipp, der jedoch erfahrungsgemäß eher selten umsetzbar ist, steige bei Frauen ein oder zumindest bei Männern, bei denen du ein gutes Gefühl hast.

Ebenso wie beim Couchsurfing solltest du auch beim Fahren per Anhalter stets einen gewissen Notgroschen in der Tasche haben, um dir im Notfall spontan eine Unterkunft oder andere Reisemöglichkeit zu suchen, jedoch solltest du mit dem Fahrer generell nicht über deine Wertgegenstände sprechen.

Fazit

Niemand kennt sich besser an einem Ort aus, als die Menschen die dort leben. So wird kein Reiseführer der Welt dich mehr über ein Land lehren können, als ein Couchsurfing-Host, wenn er dich auf eine ganz eigene Stadtführung mitnimmt, lokale Gerichte kocht oder dir wertvolle Insider-Tipps gibt. Beim Couchsurfing geht es nicht darum Geld zu sparen, sondern neue Leute und deren Lebensweisen kennenzulernen und auch etwas zurückzugeben. Trotz allem musst du dich während deines Aufenthalts natürlich an den Zeitplan bzw. Tagesablauf deines Gastgebers anpassen und dementsprechend flexibel sein, es kann auch schonmal vorkommen, dass ein Host kurz vor deiner Anreise noch spontan absagt.

Auch beim Trampen ist ein gewisses Vertrauen in den Fremden notwendig und in den meisten Fällen wirst du dafür mit unglaublichen Erfahrungen und echten Abenteuern belohnt. Ohne die vielen netten Menschen, die mich ein Stück ihres Weges mitnahmen, sowie häufig auch ihre Lebensmittel und Geschichten mit mir teilten, hätte ich viele Orte wohl nie erreicht. Und auch wenn das Kommunizieren in Ländern wie China häufig nur über den Google Übersetzer funktioniert, hast du nach einer Nacht bei einem Couchsurfer oder einer gemeinsamen Fahrt im Auto eines Fremden trotzdem oft das Gefühl, das Land und dessen Bewohner ein Stück weit besser verstanden zu haben.

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Verfasst von

Hi, ich bin Nadine, 26 Jahre alt und komme ursprünglich aus Köln. Seit einer achtmonatigen Soloreise durch Asien nach dem Abitur hat mich das Reisefieber gepackt. Gemeinsam mit meinem Hund Gismo war ich auf zahlreichen Roadtrips durch Europa bis nach Nordafrika unterwegs. Nach seinem Tod reise ich nun wieder viel mit dem Backpack durch ferne Länder.

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