Nach Kaliningrad mit Hund und Wohnmobil

Anfang des Jahres reiste ich in meinem VW-Bus zusammen mit meinem Hund Gismo quer durch die russische Exklave Kaliningrad. Wir besuchten die Stadt, reisten weiter an die Ostseeküste und bis zur Halbinsel Kurische Nehrung, sowie zum Hafenstädtchen Selenogradsk. Ursprünglich galt Kaliningrad als das geistige Zentrum Osteuropas, bedingt durch einige namenhafte Universitäten und wichtige Geistige, wie Immanuel Kant. Während des zweiten Weltkriegs wurde Kaliningrad jedoch beinahe vollständig zerstört.

Kaliningrad ist eine Exklave Russlands, an der Ostseeküste zwischen Polen und Litauen gelegen. Bis zum Ende des zweiten Weltkriegs war die Stadt in deutscher Hand und bekannt unter dem Namen Königsberg. Als kleinste Oblast und Standort der westlichsten Großstadt Russlands, nimmt die Provinz eine politische Sonderrolle ein. In Russland ist Kaliningrad besonders wegen des hohen Bernsteinvorkommens und wegen des Sitzes der Baltischen Flotte in Baltijsk bekannt.

Reiseinformationen

Deutsche Staatsbürger haben seit dem 1. Juli 2019 die Möglichkeit, ein elektronisches Visum (E-Visum) für Kaliningrad zu beantragen. Du benötigst im Gegensatz zu einem „normalen“ Russland Visum keine Einladung und kannst den Visumsantrag ganz bequem online ausfüllen.

Visa Application System für Kaliningrad:

http://electronic-visa.kdmid.ru/klgd_home_en.html

Du solltest mit viel Zeit und Geduld zur Grenze reisen

Die Einreise mit Wohnmobil über die polnisch-russische Grenze verläuft nicht anders, als an anderen Außenposten der EU, beispielsweise nach Marokko. Du benötigst einen noch mindestens sechs Monate gültigen Reisepass, ein Visum und die grüne Versicherungskarte deines Fahrzeugs, ggf. muss noch eine Zusatzversicherung an der Grenze abgeschlossen werden. Bei der Einreise füllst du eine Zollerklärung und eine Migrationskarte aus. Letztere solltest du gut aufbewahren, da diese bei Ausreise wieder abgegeben werden muss. Beide Formulare gibt es mittlerweile auch in deutscher Sprache, allerdings in sehr fraglicher Übersetzung. Darüberhinaus empfiehlt es sich, den internationalen Führerschein mitzuführen.

Einreise mit Hund

Während der Einreise nach Russland wurde meinem Hund Gismo wenig Beachtung geschenkt. Bei der Rückkehr in die EU wurde ich dagegen umso strenger kontrolliert, besonders auf die Richtigkeit der Daten im Hundepass legten die polnischen Grenzbeamten viel Wert. Notwendig für die Ein- und Ausreise mit Hund ist der EU-Heimtierausweis, mit eingetragener Mikrochip-Kennzeichnung und gültiger Tollwutimpfung. Darüberhinaus benötigt dein Hund ein maximal 10 Tage altes amtstierärztliches Gesundheitszeugnis. Dieses erhältst du bei deinem Tierarzt, es handelt sich dabei nur um einen kleinen Vermerk im Hundepass. Bei der Wiedereinreise in die EU wird zudem oftmals nach dem Tollwuttiter-Nachweis, der belegt dass dein Hund noch genügend Tollwutantikörper im Blut hat, gefragt.

Es gibt keine allgemeine Leinenpflicht in Russland, jedoch sind Hunde meist nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln erlaubt. Russland erschien mir als ein hundefreundliches Land, zumindest was die eigenen Vierbeiner angeht. Im ganzen Land, auch in Kaliningrad, wimmelt es leider nur so von Streunern.

Unterwegs in Russland

In Kaliningrad gibt es keine Campingplätze und auch nur wenige Hotels. Ich verbrachte meine Zeit bei einer netten Couchsurfing Familie, für mich eine der besten Art und Weisen ein Land kennenzulernen. So bin ich beispielsweise auch schon durch China und auf den Philippinen gereist. Während meiner Zeit in der Kurischen Nehrung und Selenogradsk schlief ich in meinem VW-Bus. Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Cafés findest du zumindest in der Stadt überall, allerdings empfiehlt es sich einige russische Grundbegriffe zu lernen. Die russische Währung Rubel kannst du an einem der vielen internationalen Geldautomaten abheben. Auch wenn ich mich besonders dank meiner netten Gastfamilie in Kaliningrad stets sicher gefühlt habe, weiß ich doch über die hohe Kriminalitätsrate, wie es sie in grenznahen Gebieten leider häufig gibt.

Der Verkehr in Kaliningrad ist eine Katastrophe. In der Stadt benötigst du für nur wenige Kilometer häufig Stunden, da die Russen mit Vorliebe Auto fahren. So erzählte mir mein Couchsurfing Host von der sensationellen Statistik, dass auf einen Einwohner Kaliningrads, 2-3 Autos kämen. Und das ist in einer Provinz mit über 430.000 Einwohnern auf einer Fläche von 15.100 km², was in etwa der Größe von Schleswig Holstein entspricht, eine ganze Menge. Ich habe an zwei Tagen fast die ganze Stadt zu Fuß erkundet und dabei immer wieder kleinere Stadtparks, künstlich angelegte Seen oder Weiher für meinen Hund Gismo entdeckt. Doch auch außerhalb der Stadt sind die Verkehrs- und Straßenverhältnisse Kaliningrads teilweise eine echte Herausforderung. Tiefe Schlaglöcher, riskante Überholmanöver mitten im beengten Berufsverkehr oder uralte, unbeleuchtete Rostlauben die Nachts auf den Landstraßen herumgurken, machen jede Fahrt zu einem Abenteuer. Die hohe Belastung durch den Verkehr sorgt zudem besonders im Stadtzentrum für eine stark von Abgasen belastete Luft.

Sehenswürdigkeiten

Zugegebenermaßen zählt Kaliningrad auf den ersten Blick nicht unbedingt zu einer der schönsten Städte in Osteuropa. Die Zerstörung der ehemaligen deutschen Stadt Königsberg während des zweiten Weltkriegs hat tiefe Spuren hinterlassen. Das Stadtbild wird geprägt von maroden, grauen Plattenbauten und Hochhausfassaden, häufig mit zersprungenen Fensterscheiben und aus der Hauswand ragenden Rohren. Dazwischen befinden sich einige Überbleibsel der deutschen Geschichte und eine Handvoll historischer Gebäude, u.a. der auf einer kleinen Insel errichtete Königsberger Dom, neben dem auch das Grabmal Immanuel Kants errichtet wurde.

Das Fischerdorf ist ein 750 Jahre altes, aufwendig restauriertes Fachwerkhausviertel

Außerdem gibt es das Bernsteinmuseum, das am Ufer des Oberteichs, einem See mitten im Stadtzentrum Kaliningrads, in einer alten Festung aus dem 19. Jahrhundert liegt, das Königstor, mitten auf einer der belebtesten Kreuzungen der Stadt, das Brandenburger Tor und die Festung Groß Friedrichsburg. In der neogotischen Backsteinkirche Zur Heiligen Familie besuchte ich an einem Abend ein klassisches Orgelkonzert. Im sogenannten Fischerdorf am Pregelufer, zwischen der Dominsel mit dem Königsberger Dom und den Wohnvierteln gelegen, stehen eine Handvoll Fachwerkhäuser sowie ein Leuchtturm. Hier laden Restaurants zu leckeren Fischgerichten ein und kleine Läden verkaufen Bernstein aus der Region.

Fazit

Meine Reise in die Hauptstadt der Oblast Kaliningrad hat mich wirklich überrascht und zum Nachdenken bewegt. Kaliningrad machte auf mich irgendwie einen provisorischen, halbfertigen Eindruck, durch die vielen kaputten Gebäude, die in so scharfem Kontrast zum modernen Zentrum mit seinen großen Shopping Malls und der Handvoll historischen Relikten aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg stehen. Obwohl zugehörig zu Russland, scheint die Exklave doch eine eigene Welt zu sein. So sprechen die Russen über das Mutterland, als „Das eigentliche Russland.“

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Verfasst von

Hi, ich bin Nadine, 25 Jahre alt und komme ursprünglich aus Köln. Seit einer achtmonatigen Soloreise durch Asien nach dem Abitur hat mich das Reisefieber gepackt. Vor vier Jahren kaufte ich mir meinen 44 Jahre alten VW-Bus "Henry" mit dem ich seither quer durch Europa bis nach Marokko und Russland reiste. Begleitet werde ich dabei von meinem Hund Gismo. Ich studiere Pferdewirtschaft im achten Semester und nutze natürlich weiterhin jede Gelegenheit zum Reisen.

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