Tannenspitzen, die zaghaft aus schneebedeckten Berghängen hervorlugen, tief verschneite Wanderpfade, auf denen Braunbären, Luchse und Rehe bereits ihre Spuren hinterlassen haben und eine ganze Region im Wintersportfieber. Das Tatra-Gebirge ist Teil der Karpaten und erstreckt sich über die Slowakei und Polen. Das wertvolle Biosphärenschutzgebiet der UNESCO ist das höchste europäische, nördlich der Alpen gelegene Hochgebirge. Über 600 km markierte Wanderwege führen durch den gesamten Tatra-Nationalpark (TANAP) – gerade deshalb hatte das Tatra-Gebirge schon zu Beginn meines Auslandssemesters in Banská Bystrica eine wahnsinnige Anziehungskraft auf mich. Als mich dann eine Freundin aus Deutschland besuchte, war die Zeit, in der ich die Ausläufer der Niederen Tatra nur von meinem Balkon im Studentenwohnheim aus bewunderte, endlich vorbei. Gemeinsam mit ihren beiden Border Collies reisten wir quer durch die Hohe, Niedere, Westliche Tatra, bis nach Polen.
Reiseinformationen fürs Tatra-Gebirge
Das Tatra-Gebirge (Slowakisch: Tatry) ist der höchste Teil der Karpaten und erstreckt sich auf einer Fläche von über ca. 785 km². Zwei Drittel der Tatra liegen in der Slowakei, ein Drittel im Süden Polens. Auf polnischer Seite ist der Berg Rysy mit 2.503 m der höchste Gipfel Polens – auf slowakischer Seite mit 2.654,4 m der Gerlachovský štít. Nur im südlichen Teil des Karpatengebirges, im rumänischen Făgăraș-Gebirge, dem Retezat und dem Bucegi-Gebirge nahe Brașov, erreichen die Karpatengipfel ebenfalls Höhen von über 2.500 m. Insgesamt hat die Slowakei mehr als 40 Gipfel über 2.000 m. Ein echtes Paradies also für Wanderer, Bergsteiger und Wintersportler!

Das Tatra-Gebirge wurde als ältester Nationalpark der Slowakei im Jahr 1949 gegründet. Fünf Jahre später folgte Polen diesem wichtigen Schritt zu mehr Umweltschutz und ernannte die im Süden des Landes gelegene Gebirgskette ebenfalls zum Tatra-Nationalpark (TANAP). Der Schutzstatus fördert den Erhalt der Biodiversität und ihm ist es auch zu verdanken, dass im Tatra-Gebirge einige der in Europa inzwischen selten gewordenen bzw. gar vom Aussterben bedrohten Tierarten überleben – Braunbären, Steinadler und Tatramurmeltiere zum Beispiel. Das Symbol der Tatra aber sind die flinken Tatragemse, die sich völlig von den Gemsen in anderen europäischen Berggebieten unterscheiden. Sie entwickelten sich nach dem Ende der Eiszeit vollkommen isoliert und kommen daher nirgendwo anders auf der Welt vor. Klimawandel, Lebensraumverlust, auch durch die Ausbreitung von Skigebieten, und natürliche Feinde, besonders Wölfe und Luchse, haben die Population der Tatragemse auf gerade einmal 1.000 Tiere schrumpfen lassen.
Die Sache mit der Reisezeit
Trotz unserer guten Ausstattung mit Wanderschuhen- und stöcken, Spikes und ausreichend atmungsaktiver Kleidung, war die Reisezeit Mitte März im Nachhinein gesehen vielleicht doch nicht die beste – mit dem Panorama der schneebedeckten Berge dennoch eine der schönsten! Immerhin waren wir aber mit einem alten Dacia Duster auf den vereisten Straßen unterwegs und reisten auch nicht zum Ski oder Snowboarden, sondern zum Wandern mit zwei Hunden an. Aus Sicherheitsgründen sind die touristischen Wanderwege im Hochgebirgsmilieu des TANAP jedes Jahr vom 1.11. bis 15.6. geschlossen. Nicht nur aufgrund der Witterungsbedingungen, sondern auch zum Schutz der Winterruhe vieler Tiere. Aber wann ist denn nun die optimale Reisezeit fürs Tatra-Gebirge? Wie immer, kommt es drauf an!
- 🍂🌺 Herbst & Frühling (September-Dezember/ März-Juni): Nebensaison. Das Wetter kann aber sehr unberechenbar und in den höheren Lagen auch eisigkalt werden. Viele Wanderwege, Hotels und Restaurants in den touristischen Hotspots Strbske Pleso, Stary Smokovec oder Tatranska Lomnica sind geschlossen.
- ☀️ Sommer (Juni–September): Perfekt für Outdoor-Aktivitäten, wie Wandern, Klettern (z.B. auf Gipfel wie den Gerlachovský štít), Radfahren & Mountainbiking.
- ⛄️ Winter (Dezember-März): Hochsaison des Wintersports! Viele Unterkünfte leihen Schneeschuhe und Spikes aus. An den Wochenenden wird es in den beliebten Skigebieten, wie Jasná Nízke Tatry (Niedere Tatra) oder Tatranská Lomnica, voll. Parkplätze sind überfüllt, Skipässe ausverkauft und wer Skier ausleihen möchte, sollte sehr früh Morgens vor Ort sein!


Kleines Fazit – im März waren viele Wanderwege noch gesperrt, komplett zugeschneit und aufgrund der vielen Tiere im Winterschlaf achteten wir sehr darauf, wo wir die Hunde überhaupt von der Leine ließen. Für Wintersportler ist die Zeit zwischen Dezember und März natürlich ideal. Kommst du jedoch eher zum Wandern in die Slowakei, lohnt sich eine Reise zwischen Mai und September!
Anreise & Transport unterwegs
Zugegeben, die Anreise ins Tatra-Gebirge dauert, unabhängig davon ob du dich jetzt auf der polnischen oder der slowakischen Seite befindest. Von Bratislava aus gelangst mit dem Direktzug (für Studenten kostenlos) in etwas über 4 Stunden nach Poprad, das slowakische Tor zum Tatra-Gebirge. Von Wien sind es sogar nur 5 Stunden Anreise! Auf der polnischen Seite ist eine Anreise von Kraków nach Zakopane (das polnische Pendant zu Poprad) mit Bahn oder Bus möglich. Von Poprad und Zakopane fahren zwar vereinzelte Busse zu den kleineren Bergorten – ohne Auto wird es jedoch schwierig. Besonders wenn du mit Hunden unterwegs bist!
Übrigens, im slowakischen Tatra-Gebirge gibt es mehr als 20 Seilbahnen und Skilifte. Manche von ihnen, z. B. die historische Seilbahn Lomnický štít, die zu den höchsten und ältesten des Landes zählen, bieten nur eine limitierte Anzahl von Fahrten täglich. Skipässe, Seilbahn-Tickets und sogar Ski-/ Snowboardausrüstung kannst du auf GoPass.travel reservieren.
Unterkunfts- & Restauranttipps
Je touristischer eine Region, umso teurer wird sie. So günstig der Rest der Slowakei, so teuer ist die Tatra-Region. Das liegt natürlich an den vielen Gästen, besonders in den Wintersportgebieten. Wir haben dennoch schöne, bezahlbare und vor allem hundefreundliche Unterkünfte gefunden;
- Hohe Tatra: Guest House Privát Štrba. Netter Familienbetrieb mit perfekter Lage am Fuße der Hohen Tatra.
- Niedere Tatra: Pěkná Vyhlídka. Nicht nur hat Besitzer Filip uns mit schönen Zimmern, Wander- bzw. Kletterausrüstung und den besten Tipps für Touren in der Niederen Tatra versorgt. Sein selbstgekochtes Essen war mit das Beste, das ich in 4 Monaten Slowakei gegessen habe!

Während du normalerweise in der Slowakei für eine Portion Bryndzové halušky (Kartoffelnocken mit würzigem Schafskäse) 6-7 € bezahlst, kann es im Tatra-Gebirge schon mal das Doppelte kosten. Deshalb entscheide ich mich auf Reisen häufig für Unterkünfte mit Kochmöglichkeiten, um mich selbst versorgen zu können. Die slowakische Küche ist jedoch wirklich köstlich! Die beste Kapustnica (Sauerkrautsuppe), Pirohy (Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen, meist Schafskäse) und Parené buchty (Dampfnudeln) gibt es in den urigen Wirtshäusern, etwas entfernt von den großen Skigebieten.
Unterwegs mit 2 Hunden
Für die Einreise in die Slowakei benötigt dein Vierbeiner den blauen EU-Heimtierausweis mit eingetragener, gültiger Tollwutimpfung und einen Mikrochip bzw. eine Tattowierung. Er sollte in der Vergangenheit regelmäßig entwurmt und gegen Zecken behandelt worden sein (und das auch im Heimtierausweis vermerkt werden). Allgemein gilt Leinenpflicht innerhalb von Ortschaften.

Ein großer Teil des Tatra-Gebirges ist Naturschutzgebiet. Dort sind Hunde seit 2024 eigentlich verboten – offiziell begründet wird dies mit dem Schutz gefährderter Tierarten. In den Seilbahnen dürfen Hunde kleiner als Kniehöhe und ausgestattet mit Maulkorb mitfahren. Skigebiete sind ebenfalls tabu für Hunde. Jetzt die gute Nachricht – es gibt zahlreiche alternative Wege und Wanderungen, insbesondere in der Niederen Tatra (die allgemein weniger touristisch ist, als die Hohe Tatra), auf denen Hunde offiziell erlaubt sind. Auf der Kammwanderung vom Chopok zum Ďumbier zum Beispiel, rund um den Gletschersee Štrbské pleso oder im Pieniny Nationalpark an der polnischen Grenze. Weitere Wandertipps für Mensch und Tier findest du hier; Mit dem Hund in die slowakischen Berge. Was neben EU-Heimtierausweis, Maulkorb und natürlich dem Lieblings-Leckerlie deines Hundes auf deinem Slowakei-Trip auf keinen Fall fehlen darf, kannst du hier nachlesen; Reisen mit Hund: Planung und Packliste.
Tatra-Gebirge: Die schönsten Sehenswürdigkeiten & ganz persönliche Reisetipps
Erstes Ziel: Hohe Tatra 🏔️🎿
Die Hohe Tatra ist das kleinste Hochgebirge der Welt; Knapp 50 Kilometer lang und an der breitesten Stelle nur 15 Kilometer breit. Mehr als 30 Gipfel über 2.500 m Höhe und über 100 Hochgebirgsseen zählen zur Hohen Tatra. Zu zwei Dritteln liegt sie im Norden der Slowakei und zu einem Drittel in Südpolen. Startpunkt der meisten Tatra-Touren sind die Städte Poprad oder Liptovský Hrádok. Von hier kannst du mit Bussen oder der Zahnradbahn weiter in die Wintersportgebiete Tatranská Lomnica, Štrbské Pleso oder Starý Smokovec fahren.
Auf den Spuren der Braunbären – Bear watching
Rund 150 Braunbären leben heute im Tatra-Gebirge, etwa 800 sind es im ganzen Land. Dank engagierter Tierschützer und politischer Maßnahmen ist die Population in den letzten Jahren wieder gewachsen. In Europa leben nur in Russland, Rumänien und den Ländern Skandinaviens mehr Braunbären, als in der Slowakei. Dennoch gab es allein während der 4 Monate, die ich zum Studieren in der Slowakei verbrachte, mehrere Zwischenfälle zwischen Mensch und Tier – einige sogar tödlich! Teilweise werden sie durch offene Mülleimer in den Dörfern angelockt oder Mensch und Bär begegnen sich auf und abseits von Wanderwegen. Alleine im Jahr 2024 wurden daher 41 sogenannte „Problembären“ erschossen.
Ich hatte das große Glück, sowohl in Rumänien als auch in Slowakei (in der Niederen Tatra, nahe des Bergs Zdiar), wilde Braunbären zu sehen. Ganz ehrlich? Diese Momente zähle ich zu den schönsten Reiseerlebnissen überhaupt! Aber da sie eben auch mit einem gewissen Risiko verbunden sind, empfehle ich dir geführte Touren. In Rumänien habe ich beispielsweise das Zărnești Bear Sanctuary nahe Brașov besucht, welches geretteten Braunbären aus ganz Osteuropa eine zweite Chance gibt.

In der Hohen Tatra hast du die Möglichkeit, dich auf friedliche und sichere Weise den Bären zu nähern und dabei noch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der braunen Riesen zu leisten. Bear watching nennen die führenden Anbieter Adventoura und Walkingwithbears dieses Erlebnis. Begleitet wirst du von erfahrenen Guides, die neben Antibären-Spray auch wahnsinnig viel Wissen im Gepäck haben. Die Touren finden nur in den Sommermonaten von Anfang Juni bis Ende Oktober statt. Preise variieren je nach Anbieter.
Die schönsten Bergseen der Hohen Tatra
Die Qual der Wahl hat derjenige Reisende, der nach dem schönsten Bergsee in der Hohen Tatra sucht! Der wohl bekannteste ist der Štrbské Pleso auf 1.355 Metern Höhe, der gleichzeitig einer der höchsten Kurorte Mitteleuropas ist. Auf dem Panoramarundweg kannst du in etwa 45-60 min den gesamten See umrunden. Mitte März war er komplett zugefroren und Skilangläufer erfreuten sich der rund um den See verlaufenden Loipen. Entlang der Straße K Vodopádom, nordöstlich vom Štrbské Pleso, befinden sich einige Straßenstände, die wunderschöne Souvenirs verkaufen – kuschelige Schafsfelle, allerlei Töpferwaren und traditionelle Trachten. Auch Karpatenhonig, selbstgebrannter Borovička und der würzige Käse Bryndza dürfen natürlich nicht fehlen. Außerdem werden hier Fahrten in der traditionellen Holzkutsche angeboten. Kleiner Tipp, das Monte Mory Café in Štrbské Pleso. Von der großen Aussichtsterasse hast du einen traumhaften 360°-Blick auf die Gipfel der Hohen Tatra.

Weitere schöne Bergseen sind; der Popradské pleso im Tal Mengusovská, der aufgrund der großen Bachforellen ein beliebtes Ziel von Anglern ist. Der Morksie oko (Polnisch für Meerauge, aufgrund seiner tiefblauen Farbe) ist der größte Bergsee der Hohen Tatra und liegt im polnischen Tal Dolina Rybiego Potoku. Von hier starten die Touren auf Polens höchsten Berg Rysy. Dieser hat übrigens gleich drei Gipfel – den mittleren (in der Slowakei) mit 2.503 m, den nordwestlichen mit 2.499 m und den südöstlichen mit 2.473 m.
Mit der Seilbahn auf den Lomnický štít 🏔️🚠
Im Tatra-Gebirge gibt es viele Seilbahnen, aber keine gleicht dieser roten Hängeseilbahn. Bereits seit 1940 bringt sie Besucher in etwa 15-20 Minuten auf den Lomnický štít, den zweithöchsten Gipfel der Hohen Tatra (nach dem Gerlachovský štít). Wie über den Wolken fühlst du dich auf der Aussichtsplattform auf 2.634 m Höhe – die spektakuläre Aussicht auf das Gebirge wirst du so schnell nicht mehr vergessen. Auf dem Gipfel gibt es ein kleines Café und ein Observatorium für wissenschaftliche und meteorologische Forschungen in der Tatra.

Die Seilbahn besteht aus zwei Teilen: Die erste Station befindet sich in Tatranská Lomnica und bringt die Besucher in einer Kabinenseilbahn zur Strednica (auf ca. 1.800 m). Bis hierhin dürfen auch Hunde mitfahren! Von dort aus geht es weiter zum Gipfel des Lomnický štít. Tickets für die Auffahrten können online oder direkt an der Seilbahnstation im Tal gekauft werden. Beachte aber, dass Tickets für die Strecke mit der roten Hängeseilbahn begrenzt und oftmals am frühen Morgen bereits für den ganzen Tag ausverkauft sind – nur maximal 15 Personen finden in der Kabine Platz und sie fährt nur von 8:50 Uhr bis 14:00-15:00 Uhr täglich (je nach Jahreszeit). Lange galt die Seilbahn auf den Lomnický štít als einmaliges Werk der Technik!
Polen – von Zakopane bis auf den Gipfel des Rysy
Wenn es nach meinen polnischen Freundinnen geht, dann ist Zakopane einfach der schönste Ort Polens. Sie ist die höchstgelegenste Stadt des Landes und das Tor zur polnischen Seite der Hohen Tatra. Etwa 90 km südlich von Kraków liegt das größte Wintesportzentrum des Landes, das pro Saison bis zu 2 Millionen Wintersportfans beherbergt. Da in Zakopane nur knapp 30.000 Menschen leben, kommen so auf einen Einwohner etwa 100 Touristen. Allein der polnische Teil des Tatra-Nationalparks verzeichnete im Jahr 2016 rund 3,5 Millionen offizielle Eintritte!

Von Zakopane starten auch die mehrtägigen Exkursionen auf den Gipfel des Rysy. Der Aufstieg von der slowakischen Seite vom Štrbské Pleso gilt als der leichtere! Er führt vorbei an der Chata pod Rysmi, einer Berghütte auf 2.250 m Höhe, die während der Sommersaison (vom 15. Juni bis 31. Oktober) geöffnet ist. Zwischen dem 1. November und dem 14. Juni ist der Weg auf der slowakischen Seite jedoch gesperrt. Von der polnischen Seite beginnt der Aufstieg vom Morksie oko und gilt als der härtere und steilere Pfad! Bei Neigungen des Berghangs von bis zu 44 Grad, akuter Lawinengefahr, besondes in den kalten Monaten, und den längeren Kletterpassagen am Seil, lohnt sich das Engagieren eines lokalen Guides! Erfahrene Guides kannst du hier finden.
Vysoké Tatry – Wasserfall-Wanderung & Besuch der slowakischen Sherpas
Etwas missverständlich ist, dass Vysoké Tatry sowohl der Name einer Stadt in der Nordslowakei ist, aber auf Deutsch übersetzt auch „Hohe Tatra“ heißt. Damit ist also gewissermaßen auch die ganze Region gemeint. In diesem Absatz beziehe ich mich aber auf das 3.838-Seelen Städtchen an der Ulica 537. Sie ist ein idealer Ausgangspunkt für Touren zum Lomnický štít, dem Slavkovský štít und einer malerischen Wasserfall-Wanderung. Von Vysoké Tatry erreichst du als erstes den Wasserfall Dlhý vodopád und nach etwa eineinhalb Stunden auch den Obrovský vodapad. Theoretisch! Denn als wir uns auf den Weg zu den Wasserfällen machten, waren die Wege irgendwann so rutschig und vereist, dass wir schließlich umkehren mussten. Julia von Meinweltbuch hat jedoch genau diese Wanderung im Sommer unternommen und berichtet dir davon auf ihrem Blog.

Zurück in Vysoké Tatry waren wir dann etwas ernüchtert von der gescheiterten Wanderung und kehrten zur Aufmunterung im Sherpa Café ein. Der Besitzer Števo und seine Frau führen das Café, in welchem sie ihren Gästen nicht nur selbstgebackene Kuchen und heißen Kaffee servieren, sondern auch Geschichten erzählen. Geschichten über die Berge, die Infrastruktur in der Hohen Tattra und die letzten Sherpas Europas. Števo ist einer von ihnen. Bis zu dreimal die Woche belädt der 47-jährige seine selbstgebaute Tragekonstruktion mit Brennholz, Lebensmitteln und Drogierieartikeln, die er auf die Zbojnicka-Hütte auf knapp 2.000 Metern bringt. Zu Fuß, mit bis zu 100 kg auf dem Rücken, 1.000 Höhenmeter überwindent, allein. Arte hat übrigens eine Doku über ihn gedreht, die du dir hier (Europas letzte Sherpas ansehen kannst, Lastenträger der Tatra) ansehen kannst. Im Sherpa Café gibt es zahlreiche Fotos, Bücher und natürlich Števos Erfahrungsberichte über die slowakischen Sherpas.
Nächstes Ziel: Niedere Tatra 🏔️🥾
Die Niedere Tatra (Nízke Tatry) befindet sich südwestlich der Hohen Tatra und wird durch die Talsenke Podtatranská kotlina von den Gipfeln in der Nordslowakei getrennt. Lass dich von der Bezeichnung „Niedere“ nicht täuschen – die beiden höchsten Gipfel Chopok und Dumbier messen beide über 2.000 Meter. Tatsächlich beruht die Bezeichnung auf einem Übersetzungsfehler! Um sie vom Rest des Tatra-Gebirges abzugrenzen, benannte man das Gebirge 1860 als „Untere Tatra“ (Niznje Tatri) was sich auf ihre geographische Lage bezieht. Der ungarische Geograph Ján Hunfalvy übersetzte den Namen im Jahr 1863 jedoch falsch als „Alacsony-Tátra“, was „Niedere Tatra“ bedeutet. Bis heute ist diese Bezeichnung in vielen Sprachen, einschließlich dem Slowakischen, verbreitet.
Abstieg in eine der über 200 Höhlen in der Niederen Tatra
Im karstigen Gebirge der Niederen Tatra hat sich über die Jahrtausende Kalkstein durch saures Regenwasser aufgelöst und so riesige unterirdische Höhlensysteme geformt. Ebenso wie auch das Schmelzwasser der verbliebenen Gletscher. In der Niederen Tatra gibt es über 200 Höhlen, von den einige für Besucher geöffnet sind, wobei Touren fast immer nur mit Guide möglich sind. Der Klassiker unter den slowakischen Höhlen ist das Demänová-Höhlensystem (Demänovský kras). Die wohl bekannteste aller slowakischen Höhlen befindet sich in der gleichnamigen Gemeinde und bildet zusammen mit anderen miteinander verbundenen Höhlen ein unterirdisches Tunnelsystem von knapp 41 km Länge – das längste Höhlensystem der Slowakei! Eine der beiden für Besucher zugängliche Höhlen ist die Demänovská jaskyňa slobody (Freiheitshöhle), die für ihre farbenfrohen Tropfsteinformationen und tiefen unterirdischen Seen bekannt ist. Noch beliebter ist nur die Demänovská ľadová jaskyňa (Eishöhle) mit ihren beeindruckende Eisskulpturen. Diese wurde 2024 jedoch auf unbestimmte Zeit geschlossen, aufgrund des vollständigen Abschmelzens des Eises, das die Höhle über fast 2 Jahrhunderte hinweg ausgezeichnet hatte. Dieses Phänomen wurde auf milde Winter zurückgeführt, die nicht ausreichend kalt waren, um die Höhle zu kühlen und die Eisbildung aufrechtzuerhalten. Der Klimawandel hat auch in der Slowakei längst Einzug gehalten.

Weniger überlaufen und auch günstiger im Eintritt ist die Stanišovská Höhle, eine kleinere Höhle im Jánska-Tal. Einen Teil des über 2.000 m langen Höhlensystems kannst du auf einer 45-minütigen Tour mit einem lokalen Guide erkunden. Was mir besonders gut gefiel, war, wie naturbelassen die Stanišovská Höhle ist. Es gibt keine künstliche Beleuchtung, sondern Besucher erhalten Stirnlampen und laufen im Gänsemarsch, um die beeindruckenden Tropfsteinformationen nicht zu beschädigen und zudem nicht versehentlich in die tiefen Schächte abzurutschen. Im Gegensatz zu den Fledermäusen, die in Massen in der Stanišovská Höhle leben, fror ich bei den 6-7 °C tief unter der Erde und war froh, schließlich wieder ans Tageslicht zu treten. Traditionell beendet man den Rundgang mit einem Glas Borovička – die Flasche ist wie zufällig am Höhlenausgang drapiert. Touren durch die Stanišovská Höhle finden nur einmal stündlich zwischen 10:00 und 16:00 Uhr statt. Im kleinen Souvenirshop neben dem Parkplatz kannst du dir währendessen die Zeit vertreiben.
Das Dorf Vlkolínec – Die Slowakei wie vor 100 Jahren
Nur 35 Einwohner leben im Dorf Vlkolínec, 4 km entfernt von der nächstgrößeren Stadt Ružomberok. Der Ortsname leitet sich ab von vlk („Wolf“) und tatsächlich scheinen Mensch und Natur in und um das historische Dorf eine friedliche Koexistenz zu führen. Obwohl Vlkolínec eher einem Freilichtmuseum einer traditionellen slowakischen Bergsiedlung gleicht, darf man nicht vergessen, dass es die Heimat der hier lebenden Dorfbewohner ist – viele von ihnen sind übrigens schon über 80 Jahre alt und haben ihr ganzes Leben in Vlkolínec verbracht. Das Dorf wurde ursprünglich im 12. Jahrhundert als Siedlung der slowakischen Hochlandbauern gegründet. Im Jahr 1993 wurde es in die Liste des Weltkultur- und Naturerbe der Menschheit (UNESCO) aufgenommen, da es ein einzigartiges Beispiel für traditionelle Holzarchitektur und das ländliche Leben in der Slowakei ist.

Besonders sehenswert ist der hölzerne zweistöckige Glockenturm aus dem Jahr 1770 und ein Brunnen von 1860. Insgesamt 45 Holzhäuser mit verschiedenen Wirtschaftsgebäuden aus dem 18 Jahrhundert stehen unter strengem Schutz und können teilweise betreten werden. Über die Jahre wurden sie aufwendig gepflegt. So war es üblich, sie zweimal im Jahr mit blauer, rosa und weißer Kalkfarbe zu streichen. Tagesbesucher können Vlkolínec Dienstags bis Freitags von 10:00 bis 15:00 Uhr und an den Wochenenden auch bis 16:00 besuchen. Zudem gibt es einige Herbergen im Dorf. Der Eintritt für alle Besucher kostet 2€/ Person.
Geheimtipp Čereňová skala
Die besten Tipps auf Reisen erhältst du von den Einheimischen selbst. Natürlich hatte ich mich im Vorhinein unseres Roadtrips gründlich über das Tatra-Gebirge informiert. Manche Geheimtipps bleiben der breiten Masse (zum Glück) jedoch verborgen. Dazu zählt der Aufstieg auf die Felsformation Čereňová Skala auf 1.280 m Höhe.

Im Vergleich zu den übrigen Gipfeln der Tatra vielleicht nicht der höchste Aufstieg, die Aussicht auf die umliegenden Täler und die schneebedeckten Berge der Hohen Tatra im Norden ist jedoch einfach atemberaubend!
Historische Eisenbahn Čierny Balog
Die historische Waldbahn Čierny Balog (Čiernohronská lesná železnica) erinnerte mich an die dampfende Lok des Hogwarts Express aus meinen Lieblingsfilmen Harry Potter. Allerdings transportierte sie nie junge Hexen und Zauberer auf dem Weg nach Hogwarts, sondern seit jeher Holz durch das malerische Tal des Flusses Čierny Hron. Heute ist sie eine beliebte Touristenattraktion. Sie verkehrt auf 2 Abschnitten – zwischen der Station Chvatimech am Hronec und Čierny Balog, sowie zwischen Čierny Balog und Vydrovská dolina. Insgesamt kannst du heute eine Strecke von 20 km mit der Waldbahn durch die malerische Kulisse der umliegenden Berge und Wälder zurücklegen. Als die Eisenbahn im Jahr 1908 in Betrieb genommen wurde, maß der erste Streckenabschnitt gerade einmal 10 km und wurde über die Jahre auf 132 km ausgebaut! Ausgangspunkt für Fahrten mit der Dampflok ist Čierny Balog.
Kammwanderung Chopok und Dumbier
Hätte ich am Morgen unserer Wanderung gewusst, wie abenteuerlich dieser Tag tatsächlich werden würde, hätte ich unsere Pläne rund um die tief verschneiten Berge Chopok (2.024 m) und Dumbier (2.043 m) zu wandern, wohl nochmal überdacht. Früh morgens ging es erst einmal entspannt los. Gemeinsam fuhr ich mit zahlreichen Skifahrern und Snowboardern mit der Seilbahn auf den Chopok. Tickets für eine Berg- und Talfahrt kosteten im Jahr 2024, 29 €/ Person. Auf der Spitze des Chopok befindet sich das Rotunda Restaurant, wo ich mir einen heißen Kakao genehmigte und den fantastischen 360°-Blick genoss. Eine ganz große Empfehlung!

Eine Kammwanderung zwischen dem Chopok und Dumbier ist im Sommer eine wunderschöne Sache. Auf dem Reiseblog Kommwirmachendaseinfach informierte ich mich über die Routenplanung, Wanderzeiten und die schönsten Viewpoints. Mitte März liegt die Niedere Tatra jedoch noch unter einer dicken Schneedecke begraben und dient als Wintersportgebiet. Während wir gemeinsam mit den Hunden den beschilderten Wanderwegen folgten, kam es vor, dass uns Skifahrer mitten im Wald abseits der eigentlichen Piste auf schmalen Pfaden entgegenbretterten und wir gerade so noch ausweichen konnten. Außerdem führten die Wege teilweise abenteuerlicherweise mitten über die Skipisten. Und als wir schließlich nach einigen Stunden Wanderung endlich an einer der Seilbahnstationen ankamen, wurden wir aufgrund der Hunde abgewiesen. Den ganzen Weg mussten wir also wieder zu Fuß zurück. Was ein Tag!
Abstecher in die Westtatra ⛰️🏰
Der letzte Teil der Reise führte uns in die Westtatra, den zweitgrößten Gebirgszug der Tatra. Sie liegt eingebettet zwischen Hoher Tatra im Osten und den Chočer Berge im Westen. Die Westtatra ist trotz ihrer weitläufigen Bergkämme, unberührten Täler, die häufig von Braunbären durchstreift werden, und den spektakulären Ausblicken von den höchsten Gipfeln Bystrá, Baranec und Baníkov noch ein echter Geheimtipp!
Orava Hrad
Eigentlich liegt die mittelalterliche Orava Burg (Oravský hrad) ein wenig nordwestlich der Westtatra. Sie ist jedoch definitiv einen Abstecher wert. Vielleicht kommt dir die Kulisse der Burg sogar bekannt vor, wie sie auf einem 112 m hohen Felsen über dem Fluss Orava thront? Dass könnte daran liegen, dass sie bereits als Drehort für berühmte Filme wie Dragonheart, den Klassiker Nosferatu von 1922, eine Symphonie des Grauens oder König Drosselbart diente.

Erbaut wurde die Orava Burg im 13. Jahrhundert auf den Überresten einer früheren Holzfestung, als strategische Verteidigungsanlage gegen Invasoren. Im Jahr 1556 übernahmen die Thurzos die Burg und gaben umfangreiche Umbauten in Auftrag. Erst Anfang des 17. Jahrhunderts endeten die letzten Baumaßnahmen und die Burg erhielt ihre heutige Form. 1800 fiel sie dann einem schweren Brand zum Opfer und wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg aufwendig restauriert. Heute befindet sich im Hauptteil der Burg ein Museum mit über 13.000 Ausstellungsstücken. Wer die 754 Treppenstufen in den ältesten Teil der Burg überwindet, wird mit einem fantastischen Blick auf den Fluss Orava und die Westtatra belohnt. Das Museum hat täglich von 9:00 bis 15:00 Uhr geöffnet und Tickets kosten 9 €/ Person.
Wanderung zum Baníkov
Der Aufstieg auf den Baníkov und die fantastische Natur rund um den höchsten Gipfel des Roháče-Gebirges in der Westtatra war wieder einer dieser besonderen Tipps, von unserem Gastgeber Filip. Wer den vollständigen Aufstieg auf den 2.178 m hohen Berg wagt, startet entweder von Roháčska dolina, vom südwestlich gelegenen Jalovec über das Tal Parichvost oder über die südlich gelegene Berghütte Žiarska chata (Gemeinde Žiar). Der Aufstieg und die spektakuläre Gratwanderung am Gipfel ist anspruchsvoll und eignet sich nur für erfahrene Kletterer. Schwierige Felspassagen sind zwar mit Ketten gesichert, es gibt aber aber keine klassischen Stahlseile. Im Folgenden findest du eine Auswahl von Blogs und Webseiten mit Routenvorschlägen und weiteren Tipps für Baníkov-Touren; Der Wander-Klassiker Komoot, genaue Wegbeschreibungen auf GPSTrackerfinder und einen ganz persönlichen Erfahrungsbericht auf Madetheline.

Für uns war die Wanderung rund um den Baníkov aber vor allem eins – ein weiteres Abenteuer im Tatra-Gebirge, bevor es am nächsten Tag zurück nach Banská Bystrica ging. In der Berghütte Žiarska chata kehrten wir auf eine letzte Portion Bryndzové halušky ein. Dovidenia, Tatry! 🏔️🇸🇰
Fazit
Günstiger und weniger überlaufen als die Alpen, mit einigen der schönsten Skigebiete Europas und dem höchsten Berg der Karpaten, dem Gerlachovský štít. Das Tatra-Gebirge ist zwar unter den Slowaken längst kein Geheimtipp mehr, aber im Ausland noch weitgehend unbekannt. Dabei hat die Bergwelt der Tatras so viel zu bieten! Gut ausgestattete Wintersportzentren, ursprüngliche Bergdörfer in denen die slowakische Bergkultur mit Volksmusik, Trachten und traditionellem Handwerk noch lebhaft ausgelebt wird, bezaubernde Wanderwege entlang unberührter Natur. Dazu kommen Gletscherseen, Wasserfälle, tiefe unterirdische Höhlen und eine einzigartige Tierwelt. Vielleicht ist es jedoch gerade jetzt, in Zeiten von Erderwärmung und Massentourismus, einfach schön zu wissen, dass es noch solche intakten Ökosysteme gibt. Das Tatra-Gebirge ist eines von ihnen und bleibt ein echter Geheimtipp. Vielleicht streichen so auch in vielen 100 Jahren noch Braunbären durch die Wälder rund um Zdiar. 🐻
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