Roadtrip durch Nordwales

Wales – Land mit den meisten Burgen überhaupt in Europa, mit bergigen Nationalparks und saftig grünen Ebenen. Nach Nordirland ist Wales außerdem der zweitkleinste Teil Großbritanniens, bekannt für seine schroffe Küstenlinie, die walisische Gemütlichkeit „Cwtch“, die du in den bezaubernden Cafés, Pubs und Restaurants selbst erleben kannst und den roten Drachen auf der Nationalflagge. Nordwales ist kaum besucht und bietet zwischen den Gipfeln des Snowdonia-Nationalparks, den Stränden der Lleyn Peninsula und einigen der schönsten Burgen des Landes, die optimalen Bedingungen für einen Roadtrip.

Reiseinformationen

Das Land der Drachen und Burgen ist ein kleines Juwel an der Südostküste Großbritanniens. Gerade einmal 20.779 km² misst Wales und ist damit etwa halb so groß wie die Niederlande und in etwa so groß wie Slowenien. Doch Größe ist nicht alles! Walisisch ist die älteste Sprache Großbritanniens und bietet einige unaussprechliche Zungenbrecher, das Land zählt zu den sechs keltischen Nationen und ist mit nur einer Millionen Besuchern im Jahr noch ein echter Geheimtipp. Zum Vergleich, London wird jährlich von rund 30 Millionen Touristen besucht. Und während ich von Süd- nach Nordwales mit dem Auto reiste, die herrliche Landschaft genoss und einen Stopp im atemberaubend schönen Clywedog Reservoir unternahm, hätte ich das Land alternativ auch auf dem 1.300 Kilometer langen Fernwanderweg Wales Coast Path entdecken können.

Das Clywedog Reservoir ist ein Stausee in Zentralwales

Besonders in Nordwales scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Auf den weiten Ebenen rund um das Herz des Landes, den Snowdonia-Nationalpark, und in ganz Wales verteilt, leben rund neun Millionen Schafe, Waliser gibt es nur drei Millionen. Die Region ist außerdem typisch britisch; grün, feucht und die Küstengebiete geprägt vom maritimen Klima. In den Höhen von über 1.000 Metern im Mittelgebirge nehmen die Temperaturen deutlich ab und auch Mitte August waren es Abends auf dem Campingplatz Camp Snowdonia nicht mehr als fünf Grad. Am wärmsten ist es in den Küstengebieten. Im Sommer herrschen hier durchschnittlich etwa 20 Grad und dank des Golfstroms, ist besonders die Irische See rund um Conwy besonders mild.

Auch meinem Hund Gismo gefielen die milden Wassertemperaturen vor der nordwalisischen Küste

Natürlich gibt es vor allem in den walisischen Städten inzwischen ein breites Angebot an charmanten Bed & Breakfasts, Hotels und Apartments. Während meines Roadtrips übernachtete ich allerdings ausschließlich auf Campingplätzen und den typischen britischen Campingwiesen auf kleinen Bauernhöfen, die ich über die App Park4night gefunden hatte. Dabei gilt, desto näher du touristischen Sehenswürdigkeiten wie Mount Snowdon oder den beliebten Küstenorten kommst, umso teurer werden die Unterkünfte. Im Durchschnitt habe ich für einen nächtlichen Stellplatz mit sanitären Anlagen um die sechs bis zehn Pound gezahlt. Für die Mitnahme meines Hundes Gismo fiel so gut wie nie eine zusätzliche Gebühr an.

Mit Hund nach Nordwales

Kaum eine Region, die ich während meines dreimonatigen Großbritannien- und Irlandroadtrips besuchte, war so ideal für Reisen mit Vierbeiner geeignet, wie Nordwales. Hunde sind bis auf wenige Ausnahmen ganzjährig an den vielen traumhaften Stränden erlaubt, dürfen dich auch beim Wandern im Gebirge begleiten und müssen bloß beim Besuch der märchenhaften Burgen kurz im Auto warten. Wachsam solltest du aufgrund der vielen Schafe sein, denn diese liegen oft mitten auf den Wegen. Im Gegensatz zu Rumänien musst du zwar nicht erwarten, von riesigen Hütehunden gejagt zu werden, dennoch werden auch die walisischen Schäfer es nicht schätzen, wenn dein Hund die Ruhe seiner Tiere stört. Außerdem wimmelt es in Wales nur so von Hasen, Igeln, Dachsen, Ottern und anderen Wildtieren. Auch die Küstengebiete sind bekannt für ihre reiche Fauna. Neben zahlreichen Seevögeln, wie Papageientaucher (im Englischen bekannt als Puffins), Kormoranen und Tölpeln, leben in den walisischen Küstengebieten Riesenhaie, Kegelrobben, Delfine, Lederschildkröten, Schweinswale und allerlei Fisch- und Krebsarten. In einigen Naturreservaten in Wales herrscht während der Brütezeit Hundeverbot und in vielen Naturschutzgebieten gilt Leinenpflicht.

Gismo und ich im Snowdonia-Nationalpark

Für die Einreise mit Hund nach Wales gelten die gleichen Bedingungen wie für den Rest Großbritanniens. Du benötigst den EU-Heimtierausweis mit gültiger Tollwutimpfung, einen Mikrochip und 24 bis 120 Stunden vor der Einreise eine Bandwurmbehandlung, die vom Tierarzt durchgeführt und im EU-Heimtierausweis dokumentiert werden muss. Die Tollwutimpfung muss mindestens 21 Tage alt sein. Tierärzte und Tierbedarfsläden befinden sich meistens in den Städten, es ist also ratsam, genügend Hundefutter für die Reise einzupacken. Alles was sonst noch wichtig ist, erfährst du hier; Reisen mit Hund: Planung und Packliste.

Sehenswürdigkeiten

Das kleinste Haus Großbritanniens

Mit nur 1,80 Meter Breite und 3,10 Meter Höhe, ist das rote Haus in Conwys Hafen das kleinste Haus Großbritanniens (walisisch: Y Tŷ Lleiaf ym Mhrydain Fawr). Für nur ein Pfund pro Person kannst du das Wohnzimmer im Erdgeschoss und das beengte Schlafzimmer im Obergeschoss besichtigen. Bereits im 16. Jahrhundert ist das Haus errichtet worden.

Das kleinste Haus in Großbritannien liegt in Conwy

Das kleine Haus an der Lower Gate Street wurde bis 1900 bewohnt. Da die Räume aber so niedrig und klein waren, wurde das Haus schließlich von den Stadträten als unbewohnbar erklärt und der Besitzer (ein über 1,90 Meter großer Fischer) musste ausziehen.

Caernarfon Castle

Der Bau der Burgurine Caernarfon Castle in Gwynedd wurde 1280 von König Eduard I. in Auftrag gegeben und gilt als Mittelpunkt des einstigen Widerstands gegen die englische Krone. Eduard I. war es, der vor der Geburt seines ersten Sohnes im Jahr 1284 verkündete, er würde dem Volk einen Prinzen schenken, „der in Wales geboren ist, kein Wort Englisch spricht und dem walisischen Volk nie etwas Böses angetan hat.“ Und so war es dann auch. Viele Jahre lebte Eduard I. auf Caernarfon Castle und nutzte die hohen Ringmauern, zahlreichen Bogenschießscharten und den tiefen Burggraben, um sich vor seinen Feinden in Sicherheit zu bringen.

Turm der Caernarfon Castle

Seit 1986 gehört die Mittelalterburg zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist außerdem ein geschütztes Kulturdenkmal der Kategorie eins. Die alte Zugbrücke ist heute für Besucher aus aller Welt täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 11,10 Pfund pro Erwachsener.

Conwy Castle und Morfa Beach

Auch die Conwy Castle ist eine von den neun Burgen, die Eduard I. im 13. Jahrhundert errichten ließ, um seinen Herrschaftsbereich in Wales zu sichern. Erst seit 1665 ist die Burg endgültig unbewohnt, heute wird sie von Krähen, Tauben und Möwen besiedelt, welche die Burgmauern mit ihren Hinterlassenschaften weiß färben. Die Conwy Castle liegt auf einem Hügel zwischen dem Conwy und seinen Nebenflüssen und ist heute eine der größten Burganlagen von Wales. Mit ihrer voll intakten Ringmauer und den runden Wehrtürmen, ähnelt sie unbestreitbar der Caernarfon Castle. Seit 1986 zählt auch die Conwy Castle zum UNESCO-Weltkulturerbe. Besichtigt werden kann sie für 11,10 Pfund pro Erwachsener, ebenfalls zwischen 10 und 16 Uhr täglich.

Die Burg liegt am Ufer des gleichnamigen Flusses Conwy

Direkt vor den Stadt- und Burgtoren Conwys liegt der weite und ausgesprochen saubere Sandstrand Morfa Beach, der sich perfekt zum Schwimmen und Spazieren mit Hund eignet. Die Irische See ist hier ausgesprochen mild und der Strand selbst noch ein wahrer Geheimtipp, sogar das Parken ist kostenlos. Eine Rarität an britischen Stränden zur Hochsaison.

Llŷn Peninsula

Noch mehr wunderschöne Strände und malerische Küstenorte gibt es auf Halbinsel Llŷn Peninsula. Auch hier erwärmt der Golfstrom die Küstenregionen, was die eigentlich sehr dünn besiedelte Halbinsel in den Sommermonaten zum attraktiven Urlaubsziel für die Waliser macht. Im Hauptort Pwllheli gibt es zahlreiche Segel-, Surf-, Tauch- und Wassersportangebote und berühmte Steinkreise, wie dem Bryn Cader Faner, ganz ähnlich wie der große Bruder Stonehenge in Südengland. Das Wildschutzgebiet Bardsey Island, 2,9 Kilometer südwestlich der Landspitze Uwchmynydd, ist ein wichtiges Vogelbeobachtungsgebiet, denn es liegt auf dem Weg der Zugvogelrouten. Außerdem gilt Bardsey Island als heilige Insel, denn mehr als 20.000 Heilige sollen hier einst bestattet worden sein.

Pontcysyllte-Aquädukt

Nahe der englischen Grenze, im Nordosten von Wales, befindet sich eine der sonderbarsten Brücken der Welt. Das Pontcysyllte-Aquädukt ist eine von Schiffen befahrbare Trogbrücke, die in 38,5 Metern Höhe über dem Tal des Flusses Dee errichtet wurde und somit zugleich das höchste Aquädukt Großbritanniens darstellt. 1805 fertiggestellt, war das Pontcysyllte-Aquädukt einst Teil des früheren Ellesmere- und Llangollen-Kanal und für den Schiffsverkehr von zentraler Bedeutung.

Auch das Pontcysyllte-Aquädukt ist ein Kulturdenkmal 1. Klasse

In den 1930er Jahren ging der Schiffsverkehr auf dem Pontcysyllte-Aquädukt fast gänzlich zurück. Heute schippern Freizeit- und Touristenboote durch die nur 3,35 Meter breite Wasserrinne des Aquädukts und Fußgänger können auf dem daneben liegenden Weg den Blick auf das Tal genießen. Einst wurde der Weg von Pferden benutzt, welche die damals noch nicht motorisierten Schiffe zogen. In Trevor befindet sich ein kleines Museum über das Pontcysyllte-Aquädukt, das seit 2009 außerdem zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.

Snowdonia-Nationalpark

In Nordwales befindet sich der älteste der drei Nationalparks im Land; Der Snowdonia-Nationalpark (walisisch: Parc Cenedlaethol Eryri). Auf insgesamt 2.170 km² Fläche erstreckt sich der Snowdonia-Nationalpark und das Landschaftsbild wird geprägt von Bergen, Bergseen und Moorlandschaften, die an die schottischen Highlands erinnern. Zu den schönsten Bergseen zählen der Llyn Ogwen und der Llyn Tegid. Wie du dir nach diesem Artikel wahrscheinlich schon denken kannst, bedeutet das walisische Wort Llyn auf Deutsch „Ein See.“ Das Highlight des Snowdonia-Nationalparks ist der Mount Snowdon (walisisch: Yr Wyddfa), der mit 1.085 Metern höchste Berg von Wales und England. Auf seiner Spitze soll sich das Grab des sagenumwogenden König Arthur befinden. Schon der neuseeländische Bergsteiger Sir Edmund Hillary probte auf dem Snowdonia Nationalpark die Besteigung des Mount Everest. Tatsächlich wurde der höchste Berg der Welt sogar nach einem Waliser, nämlich dem Wissenschaftler Sir George Everest benannt. Er war maßgeblich an der Vermessung Indiens und des Himalayas beteiligt.

Neun Millionen Schafe leben in Wales, ein Großteil von ihnen auf den saftig-grünen Ebenen im Snowdonia-Nationalpark

Insgesamt führen sechs Hauptwanderwege auf den Gipfel des Mount Snowdon, die du dir hier genauer ansehen kannst. Für alle Reisende, für die es nicht gleich eine Bergbesteigung sein muss, bieten sich zahlreiche Wanderwege am Fuße der Gebirgskämme, entlang rauschender Flüsse und über weite Wiesen voller Schafe an. Ferienunterkünfte befinden sich am Rande des Nationalparks, Campingplätze gibt es insgesamt vier.

Zip World Llechwedd

Nahe der Kleinstadt Blaenau Ffestiniog befindet sich eine der Hauptattraktionen von Wales; Die Zip World Llechwedd. In den schier endlosen Minen befindet sich hier einer der größten unterirdischen Freizeitparks mit Europas steilster Seilbahn, dem bunt beleuchteten Trampolinpark Bounce Below, in welchem du von Mine zu Mine springen kannst und zahlreichen mystischen Kammern, weit unter der Erde. Der Besuch im Zip World Llechwedd ist zwar mit um die 70 Pfund pro Ticket (je nach Aktivität) nicht ganz günstig, doch habe ich noch keinen Vergnügungspark auf der Welt besucht, der mit den Minen mithalten könnte.

Der Trampolinpark im Zip World Llechwedd

Wo sonst kannst du in unterirdischen Minen Golf spielen, eigenständig einen mehrstündigen Kletterparcour durch dunkle Kammern und Höhlen absolvieren oder ein Zipline-Abenteuer über den Baumwipfeln des Snowdonia-Nationalparks unternehmen? Alle Informationen zu Ticketbuchungen und Öffnungszeiten findest du auf der Webseite von Zip World Llechwedd.

Fazit

Nordwales bietet auf relativ kleiner Fläche die meisten Sehenswürdigkeiten des Landes. So wird jede Autofahrt zum Highlight. Schwimme im milden Strom vor den langen Sandstränden der walisischen Küste, tauche ein in die Vergangenheit auf den sensationellsten Burgen des Landes, entdecke im Zip World LLechwedd die unterirdischen Minen auf eine ganz besondere Art und Weise und atme die frische Bergluft im Snowdonia Nationalpark.

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Verfasst von

Hi, ich bin Nadine, 24 Jahre alt und komme ursprünglich aus Köln. Seit einer achtmonatigen Soloreise durch Asien nach dem Abitur hat mich das Reisefieber gepackt. Vor vier Jahren kaufte ich mir meinen 42 Jahre alten VW-Bus "Henry" mit dem ich seither quer durch Europa bis nach Marokko und Russland reiste. Begleitet werde ich dabei von meinem Hund Gismo. Ich studiere Pferdewirtschaft im siebten Semester und nutze natürlich weiterhin jede Gelegenheit zum Reisen.

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